Zwischen den Zeilen mit Tilos

Der Münchner Rapper Tilos brachte am 15. Mai sein Album „Boykott“ heraus, welches ihr euch hier bestellen könnt. Featuregäste sind zum Beispiel Ali As und Selma Araya. Wir baten den Rapper, uns ein bisschen was zum Album zu erzählen. Lets GO!

Was für eine Idee / ein Konzept steckt hinter Deinem Album „Boykott“?
Boykott ist eine Weiterführung meines Debütalbums „Veto“. Damals hab ich meinen Einspruch in Bezug auf die deutsche Rap Szene erhoben und mit dem aktuellen Album „Boykott“ erhebe ich mein persönliches Statement dazu. Zum Einen soll es die Stellungnahme eines Künstlers aus München auf Deutschrap bezogen darstellen und zum Anderen soll es emotionale Barrieren eines Künstlers durchbrechen und dazu auffordern, innere Gefühlswelten verstärkt in Songs zu verarbeiten. Das ging mir in den letzten Jahren unter bzw. wurde nur selten von Rappern gemacht. Auch das Cover verspricht Liebe zum Detail: Bei „Veto“ hat ich das Bandana noch komplett um den Mund gebunden, bei „Boykott“ zieh ich es ab, soll ungefähr heißen „Ich bin jetzt da. Hört zu was ich zu sagen hab“!!! Im besten Fall wird aus diesem Konzept eine Triologie (lacht). Wie immer, hab ich mich dann mit Zino zusammen ins Studio gehockt. Er hat Bretter gebaut und ich habe Bretter darauf geschrieben (lacht).
Der komplette Produktionszeitraum mit mischen/mastern usw. betrug insgesamt ca. 1,5 Jahre. Gutes braucht seine Zeit (lacht).

Was gibt es zu den Features zu sagen?
Da ich von Anfang an das Album sehr individuell und persönlich gestalten wollte, habe ich nur wenige Features ins Boot geholt. Zum Anderen bin ich ein Typ, der erst Songs macht und danach überlegt, ob und wenn ja, wer auf diesen Song passen würde. Da ich auf Boykott viele persönliche Songs geschrieben habe, hatte ich demnach nicht all zu große Feature-Möglichkeiten. Dennoch habe ich z.b. mit Ali As zusammengearbeitet, einfach weil er auch ein, in der Szene etablierter Künstler ist und ich seine Art zu rappen feier. Technisch sehr stark und exotische Lyriks, waren für mich Grund genug ihn auf den idyllischen Track „Tagtraum“ zu featuren. Auf zwei Songs auf dem Album singt mein langjähriger Freund Selam Araya die Hook. Ich finde er is deutschlandweit einer der besten Sänger. Seine Melodien bzw. seine Ideen auf beiden Tracks haben mich gecatcht, sodass wir am Ende des Tages 2 Bomben gezaubert hatten.Das letzte Feature is mein Brudi MzeeO. Auch mit ihm mache ich schon lange Musik. Unser Feature auf dem Album handelt von unserem üblichen Tagesablauf. Und da der ziemlich ähnlich ist, war es klar, dass er auch ein Part draufkickt!!
Die komplette Platte hat mein Hausproduzent Zinobeatz produziert bis auf einen Beat, welcher von Koni aus dem Ruhrpott kommt. Koni hat mir ein Bomben beat zugeschickt, der einfach auf die Platte MUSSTE.

 

Wie lief die Produktion ab?
Die Produktion begann circa. 2- 3 Monate nach Release von „Veto“. Hab mich wie gesagt mit Zino hingesetzt und wir haben direkt mit der Arbeit an den ersten Songs angefangen. Die Inspiration zu meinen Songs nehme ich aus meinem Leben, meinem Umfeld und meiner Geschichte. Die Umstände meines Lebens führen den Stift auf dem Papier wie von selbst!!! Thematisch und auch von den Beats her habe ich eine bunte Mischung auf der Scheibe. Von aggressiveres Tracks die straight nach vorne gehen, über Party/Sauf Liedern bis zu emotionalen, deepen Songs ist alles drauf. Beattechnisch hab ich mich sowhl traplastigen als auch Beats bedient, die sehr an die  französischen Szene erinnern. Das ganze Ding wurde im Studio meines Freundes Adrian Louis aufgenommen.

 

Was erwartet den Hörer inhaltlich auf „Boykott“?
Es ist eigentlich alles dabei, für jeden, klein oder groß, dick oder dünn, schwarz oder weiss und so weiter (grinst). Es is der Soundtrack für jede Alk- Flatrateparty aber auch die Begleitmusik, um gut durch den Tag zu kommen. Ich habe Banger drauf, die z.b. beim Pumpen motivieren aber auch Mukke um emotionale Kriesen bestmöglich zu durchleben. Ausserdem erwähne ich viele versteckte Details über meine Heimatstadt München, dennoch nur si viel, dass auch ein Typ aus Hamburg z.b. den Shit zu 100 % fühlen kann. Authentische Mukke aus der unteren Schicht einer spießigen, geldgeilen Gesellschaft.

Eine kleine Randnotiz rund um das Album?
Die Fertigstellung von Boykott war ein langer, aufwendiger Prozess, der mir trotz der harten Arbeit nie die Liebe zur Musik genommen hat. Als meine Jungs die ersten Songs gehört hatten, hab ich Bomben Feedback bekommen, was mich natürlich weiterhin motiviert hat. Besonders lustig waren die Aufnahmen im Studio: Adrian Louis, bei dem ich das ganze Album aufgenommen hatte, ist noch sehr jung und vermag deshalb öfters noch die Ernsthaftigkeit bzw. die Konzentration zu verleiren. Er hat ohne mein Wissen meine Versprecher beim Recorden aufgenommen und die separat in einer Cubasedatei abgespeichert. Der Wixxer hat sie mir dann an einem Tag vorgespielt (grinst). Alter Schwede, ich werde nie vergessen wie wir beide auf dem Studioboden Tränen gelacht haben (lacht).

 

Von Track zu Track

Tracklist:

Intro
Ansage, Tilos ist zurück und zwar besser, stärker und ausgereifter als je zuvor. Der Beat hat einfach Intro-Charakter und ich wusste bevor ich auch nur eine Zeile geschrieben hatte, dass das mein Intro vom Album wird.

Lieblingszeile: „ zu soft für dein Ghetto, zu Gangsta für den Club/ Zu Straße für TV, zu  mainstream für die Hood“

Sip Sip
Zino hat mir da einfach einen Killa Beat gebastelt, der dein Kopf automatisch nicken lässt. Da war es für mich klar, dass ich darauf nen dreckicgen Clubbanger schreibe. Sip Sip motiviert die leute zu dem, was sie eh schon am Liebsten machen: Saufen!! (grinst).

Lieblingszeile: „Ich lass den Sippi hängen/
und bin seit Stunden nur am Sippen denk..mir bei soviel Frauen welche von den lernt heut mein Sippi kennen“

Blackout
Auf diesem Knaller Beat mit arabaischem Voice-Sample habe ich die Strasse sprechen lassen. Der einzig wirkliche Representer des Albums mit ordentlich Power und straßenlastigen Lines. Absolutes Liebelingslied für die Pumper!!! Für mich wegen seiner Power ganz klar der Album-Opener:

Lieblingszeile:“ Schau durch die Ray ban auf den Tanga deiner Chic/ kurzer Flirt und sie kommt auf ne Runde Ramba Zamba mit“

Kobra
Dieser Song war mehr oder weniger ein Experiment von mir, allein schon wegen der von mir gesungenen Hook!!! Sehr exotischer Beat und darum auch sehr exotische Lines! Auf dem Song verarbeite ich die Sünden/Verführungen des Nachtlebens, die mich immer wieder verführen Dorgen/Alk zu konsumieren oder Bitches zu jagen (lacht). Als Metapher habe ich einfach eine Kobra genommen, an der ich mein inneren Konflikt festmache.

Lieblingsline: „Ein Bündelscheine macht ne Bitch aus jeder Diva/ und mich zum Rabenvater mein Kind schwimmt im Pariser“

Sumpf
Trotz eher fröhlichem Beat, ein sehr deeper Song!! Hab den Song in einer Zeit geschrieben, in der ich viele private Probleme hatte und meine innere Unzufriedenheit trieb mich zu solchen Zeilen. Bin stolz auf meine Gesangsmelodie in der Hook, die sorgt für nen Ohrwurm haha

Lieblingszeile: „Freitags will ich noch die Welt retten/ Samstags dann im Club kann ich nicht mal mich selbst retten“

Weit weg
Song über meine verstorbenen Eltern. Mama, Papa, Ruhet in Frieden!!

Lieblingszeile: Jede

William Wallace
Absoluter Kämpfer Song auf einen brachialen Beat von Zino!!!! Bin ein Typ, der sich schon sein ganzes Leben lang durchs Leben schlagen musste und dieser Song ist meiner persönliche Hymne, niemals aufzugeben! Um dem Lied ein Bild verleihen zu können, personifizier ich den Charakter meiner Liebelingsfilms Braveheart: William Wallace!!!

Lieblingszeile: „Geborgenheit für mich ein Z Z Zu Zungenbrecher/ seit ich 12 bin war mein Erziehungsberechtigter Verbrecher“

Boykott
Der einzige politische, sozialkritische Song. Musste mal persönlich Stellung zu dem ganzen Thema nehmen, ob jetzt zur Weltpolitik oder auch zu den ganzen Verschwörungstheorien! So als Appell an die Menschheit, sich abseits der Medien ne eigene Meinung zu machen!

Lieblingszeile:“ ACAB Polieigewalt Boykott/ Adolf. H. in Polizeigestalt Boykott“

Schizophren
Einer meiner favourite Beats. Ich liebe Piano-Melodien!! Soziale Ungerechtigkeit, besonders die größerwerdende Schere zwischen Arm und Reich auf nen Beat gebracht. Schizophren ist das Stadtbild von München: Als Touri siehst du nur den Glanz der Innenstadt doch in den Randbezirken schaut es anders aus!

Tagtraum (feat. Ali As & Selam Araya)
Cooler Kollabo Song mit Ali und Selam in der Hook. Tagträumerei mit einem sommerlichen Beat untermauert. Geht gut in nem Cabrio 😉

Lieblingszeile: „Und in den Wolken ist dein Portrait gemalt/ keine Höllenfahrt heut ist dieser Ort surreal“

Gotham
War schon immer ein Fan von Comicserien, egal ob DC oder Marvel. Zino hat mir diesen düsteren Beat mit mystischer Stimmung gezeigt und wir haben das Konzept noch im Studio besprochen. Am selben Abend hatte ich das Ding dann umgesetzt (lacht).

Lieblingszeile: „Selbst der Pinguin ist herzlicher/ In einer Welt die regiert wird von Captain America“

Ich will dich nicht (feat. Selam Araya)
Den musste ich für meine verkackte Ex-Freundin schreiben, das war ich ihr einfach schuldig…Ich hoffe sie hat den Song gehört (grinst). Ganz simple aber aussagekräftige Hook von Selam, aber genau das habe ich gesucht!!

Nirvana
Is sowas wie mein Statement zur Rap-Szene. Ein paar Rapper kriegen etwas ab, andere Rapper erhalten Probs!! Hab mir die Entwicklung der Szene angeschaut und hab in drei Minuten mein Senf dazu gegeben. Übrigens, den Beat hab ich schon nach zehn Sekunden so krass gefeiert, dass ich ihn direkt gepickt hab!!
Mr. T
Koni hat mir den Beat zugeschickt und ich hab mich daraufhin ans Werk gemacht ohne groß zu überlegen. Mitten beim schreiben hat mich ein Kumpel angerufen mit der Begrüßung „yo T“ (wieviele meiner Freunde) , sodass ich die Hook einfach Mr. T genannt habe (lacht).
Lieblingszeile: “Dein böser Blick deine Ansage Blamage/ Du fickst die Szene nicht du fingerst höchstens deine Nase“

Nur ein Tag (feat. Mzeeo)
Man denkt von Rappern immer, dass sie einen ausgefallenen Lifestyle haben. Haben die Stars sicherlich auch, aber alle anderen die ein paar CDs verkaufen nicht. Als ich mit meinem Bro Mzeeo beim Chinsen zum Essen saß, habe ich gemeint „komm alta, wir machen da mal nen Song drüber“…Voilá (grinst).
Lieblingszeile: „Kein warmes Essen auf nem schön verzierten Tisch/ Ich geh zum Chinsen Nummer 30..schön panierter Fisch“

A.S.S.O
Mit dem Song wollte ich einfach mal wieder meine assoziale Ader aufleben lassen und die Münchner Spießerszene verarschen. Ist glaub ich ganz gut gelungen, oder?? (grinst).

Lieblingszeile: „ A doppel Ess O was schicki Micki?/ Ich pissgeflegt in dein Hals als kommt Moet aus meinem Sippi“

 

The following two tabs change content below.
Razer

Erzähl Digger, erzähl

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert