Zwischen den Zeilen mit Junior Jero

Freitag, 21. August: Heute erscheint mit „Die Guten Alten Tage“ das Debütalbum des Berliner Rappers Junior Jero. Nach dem es auf BACKSPIN TV bereits eine Videopremiere zu dem Track „Dreckige Liebe“ gab, kommt nun unser Format „Zwischen den Zeilen“ zum kommenden Album. Hier gibt es das Album zu kaufen. Checkt es aus. Viel Spaß!

Was für eine Idee/ ein Konzept steckt hinter deinem Album „Die guten alten Tage“?
Die Idee zu dem Album entstand mehr oder weniger im Nachhinein. Über die Jahre entstanden so viele Tracks und da alle diesen jazzig nostalgischen Sound gemeinsam hatten und ich mich in dieser Zeit und somit auch auf vielen der Tracks mit meiner Vergangenheit auseinandersetzte, entschied ich mich für den Titel „Die guten alten Tage“, welcher nicht ganz ernst gemeint ist, da man ja die Vergangenheit immer durch einen Filter sieht und sich gerne nur an das Gute erinnert und zudem viele der Tracks ja gar nicht so positiv sind.
Daher sind auf dem Cover auch die Räuber-Balken auf den Augen der Kinder, um deren kindliche Unschuld symbolisch zu entkräftigen. Nein ihr Hater, das habe ich nicht gemacht wegen Kendrick Lamar (lacht).

Was gibt es zu den Features zu sagen?
Das häufigste Feature auf dem Album ist mein HomieDizzech, welcher so einige Hooks auf dem Album für mich eingesungen hat und den jazzigen Beats den nötigen Soul verliehen hat. Lustigerweise hatte ich die Hooks vorher selbst eingesungen und musste mir dann aber eingestehen, dass da ohne seine Hilfe nix geht.
Ja da wäre dann noch mein Kumpel Greeny, der Lyriker Cedric Till, Mortis, der mir mit ´nem Beat und nem Part entgegen kam und Adulis aus Stuttgart.

Wie lief die Produktion ab?
Zur Produktion gibt es für mich eine wichtige Sache zu sagen, nämlich dass ohne meinen Kumpel Endo gar nix gegangen wäre, der fast alles gemischt, gemastert und auch an allen anderen Schritten wie das Arrangieren und somit beteiligt war. Der soll sich mal endlich ´ne Fan-Seite auf Facebook machen und seine Credits einstreichen (lacht).
Viele der Beats sind von Figub Brazlevic und AT Beatz, aber auch von Endo, Menace, K-Mo und meinem alten Freund Daniel San (aus Karate Kid).
So abgedroschen es auch klingt, meine Inspiration ist mein Leben. Und ich denke das hört man ganz klar. Manche reden mit sich selbst, ich rappe lieber. Also kriegt der Zuhörer ein ziemlich rohes und herzliches Bild von mir.
Was meine Musik zu einer erfrischenden Abwechslung zum Einheitsbrei macht. So dass die wenigen Individuen da draußen, die mich fühlen, es umso mehr schätzen.

Wie ein Track entsteht? Ich setz mich nicht hin und sage: „So jetzt schreibe ich einen Track“, sondern das was mich gerade bewegt wird verarbeitet in Zeilen, die ich mir den lieben langen Tag so ausspinne, während die Kinder auf der Arbeit rumschreien oder auch mal die Chefin (lacht), während ich mit der U-Bahn fahre, etc. und gleichzeitig fließt alles mit ein. Das ständige Reimen beruhigt mich irgendwie und ist eine super Art Stress zu recyclen in Songs, mit denen sich am Ende wiederum andere identifizieren können, die ein ähnliches Gefühl in sich tragen.

Was erwartet den Hörer inhaltlich auf „Die guten alten Tage“?
Es beginnt mit Songs, die über das Ende der Kindheit und über den Anfang der Jugend sprechen, welche sich inhaltlich im „Jugendclub“ und auf dem Fußballplatz abspielt, geht über in den Struggle in der Großstadt und dem damit verbundenen Druck hinterherzukommen, sei es zeitlich oder finanziell, was dann gescheitert auf die Straße führt samt dem ruffen Umfeld. Wären da nicht am Rande immer wieder die Frauen, die einen in eine andere Welt entführen und mit viel Drama vom restlichen Struggle ablenken.
Letzten Endes geht es um die Vergangenheit, sie Revue passieren zu lassen um Probleme zu bewältigen und am Ende aber auch mit ihnen abzuschließen um das hier und jetzt zu feiern.
Meine Mucke ist nichts für verkopfte Rapnazis, die die Silben der Reime zählen, geil auf sinnlose Metaphern und Vergleiche sind um mit möglichst viel Intelligenz eine dämliche Aussage zu treffen. Ich mache Musik aus dem Bauch heraus und dementsprechend sucht meine Musik auch noch ein Publikum, was lässig genug dafür ist und genügend Groove fühlt um Flows zu verstehen, die du eben nicht im Deutsch-Leistungskurs lernst, du Opfer (lacht). Ich mache Couchmucke, keinen verkopften Scheiß.

Eine kleine Randnotiz rund um das Album?
Ich erinnre mich nicht mehr an viel (lacht). Die Songs sind quasi meine Erinnerungen. Wenn ein cooler Song entsteht, ist das natürlich immer ein geiles Gefühl.
Wie ich mir die Liebe zur Musik erhalte? Das frage ich mich auch manchmal bei dieser Szene und dem dazugehörigen Zeug, das so angesagt ist (lacht).
Es gibt natürlich Leute die behaupten: „ich mach das alles für mich selbst“. Ja klar, aber die Aufmerksamkeit und Anerkennung der anderen spielt natürlich auch immer eine wichtige Rolle für einen Künstler und die kriegst du immer noch von anderen. Das muss sich jeder Künstler früher oder später eingestehen. So wie ein Mädchen, was sich aufreizend anzieht mit der Begründung sie fände es schön und mache es doch für sich.

Von Track zu Track

01. Intro
Daniel San hatte mir diesen mega hypnotisierenden Beat geschickt und der bot sich nach Stunden langem Laufenlassen für mich nur noch als Intro an, in welchem ich den Hörer erstmal ganz entspannt erzähle wo er hier gelandet ist und worum es sich hier handelt: Couchmucke.

02. Jugendclub
Da fing der ganze Scheiß an. Naja zu mindest wurde er da ernster und in Bahnen gelenkt, also musste ich der deutschen Hiphop-Zentrale natürlich mal ihren Tribut zollen und klar stellen, wo er zu Hause ist, „nicht im Fernsehen, im Radio, in den guten Clubs“, ne ne nur hier in den Jugendclubs.

03. Hochhinein
Meine Bolzplatz-Hymne und Anti-Konsum-Hymne. Wann hast du das letzte mal einen Song gehört in dem es um gemeinsamen Spaß ohne Alkohol, Sex, Drogen oder sonstigen Konsum geht?

04. Ich will nur Chilln feat. Dizzech
Meine Abrechnung mit dem hektischen Alltag und unserer Flucht-Gesellschaft, in der wir selten Zeit für uns finden.

05. Glücklicher Idiot feat. Dizzech
Die Kehrseite des Privilegs daran sehen zu können, ist dass du halt auch all den Scheiß siehst. Da wär man doch gerne lieber ein glücklicher Idiot.

06. Hybrid Love
ist ein Beatskit von TurkishSoulcat um sich mal kurz von mir zu erholen.

07. Dreckige Liebe
Oh was soll ich dazu noch sagen… der Song ist so real, dass ich gerade rot anlaufe.
Ich behaupte das ist mit das Ehrlichste was Deutschrap zu bieten hat. Seelen-Striptease bis auf die Socken 🙂

08. Beute des Teufels feat. Dizzech
Krasser Beat von Figub und ich voll auf der Flucht vor dem Teufel und seinen faulen Tricks.

09. Schwarze Schafe
Meine Biographie: „Aus schwarzen Schafen werden bunte Hunde“

10. Kein Geld feat. Dizzech
Hier warne ich den naiven Jüngling vor der schnellen Abkürzung, indem ich mir vor Augen hielt was aus all den Gangster-Helden in unserem Kiez wurde.
„denn während wir die ganzen letzten Jahre high waren/ machen andere Karriere oder heiraten“
„Du wolltest einfach alle ficken wie ein richtiger Gangster/ wurdest ein Mann ohne Seele – Michael Wendler“

11. Gefangen im Alltag feat. Adulis
„Schuffte hart jeden Tag, kenn nur noch Arbeit und Schlaf, gucke aus dem Fenster, gefangen im Alltag“

12. Romeo & Hülyet
Sittenstrolch Jero treibt wieder sein Unwesen und am Ende gibt es dafür gehörig eins auf die Nuss ala Bud Spencer.

13. Du willst es auch feat. Mortis
Ich kann auch anders und zwar auf die nette Art, für die Kalauer hab ich dafür Mortis mitgebracht. Auch wenn wir alle das Selbe wollen, sagt es doch jeder anders.

14. Tussi feat. Greeny Tortellini
Wir wissen ja, dass diese Tussis nur hohles Gelaber mit sich bringen, aber sie sehen doch so krass aus. Manchmal.

15. Partychick
Die Quintessenz daraus: Schlag sie dir aus dem Kopf, wenn du nicht irre werden willst.

16. Grau feat. Cedric Till
Zur Abwechslung mal eine sehr sachliche Herangehensweise an Beziehungen innerhalb eines Songs, bzw. an die verherrenden Folgen
der Machtspiele zwischen Mann und Frau. Die Idee: wenn sich schwarz und weiß vermischt ergibt das Grau. Grau wie Graubrot und der triste Alltag.
Cedric, sein Part zerreißt!

17. Outro
Ok war ja alles schön und gut, aber jetzt müssen wir unsere Lehren daraus ziehen und das Kapitel schließen. „Ciao“ bedeutet nicht umsonst „hallo“ und „tschüss“.

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Calvin ist seit 2015 teil des Teams, schafft mehr als 20 Klimmzüge am Stück und verzweifelt jedes Wochenende aufs Neue an seinen Handball-Teamkollegen. Wenn er nicht im Dauerlauf das Treppenviertel auf und ab rattert, schreibt er leidenschaftlich gerne Reviews.

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