Was für eine Idee/ ein Konzept steckt hinter eurem Album „The Bloody Chapter“?
DJ Spleen: Die Idee entstand eigentlich relativ spontan. Wir hatten eine Session mit Rawdec (Schweizer MC) an einem Wochenende geplant um eine kleine EP zu starten. Am besagten Tag musste Rawdec leider kurzfristig absagen und so waren wir zwei alleine im Studio. Ich hatte ein paar Beats dabei und Sevsnite war in „Schreib-Stimmung“. Innert kurzer Zeit hatten wir 2-3 Tracks schon aufgenommen und wir dachten: Hey lass uns doch eine EP machen.
Als wir dann über die Idee und vorallem die Features ausführlicher diskutierten war schnell klar, dass wir ein ganzes Album und nicht nur eine EP machen werden.
Wir wollten etwas ganz Neues versuchen, so wie’s vorallem in der Schweiz noch nie gesehen wurde. Das Album sollte hart werden; bei den Beats soll man die Augen zusammenkneifen jedes Mal wenn das Snare einschlägt. Die Texte wurden dann von Sevsnite und allen Featuregästen wunderbar auf die Beats abgestimmt.
Was gibt es zu den Features zu sagen?
Sevsnite: Wir haben für das Album einiges an US-Features rekrutiert: Swifty McVay von D12, Sean Strange, ENY The Artist, Chino XL, Blaq Poet, Reef The Lost Cauze, Virtuoso, N.B.S. und auch noch Salomé und Äs&Ich aus der Schweiz.
Da die Staaten nicht gerade um die Ecke sind lief natürlich der Grossteil der Zusammenarbeit über die sozialen Netzwerke. Die Beat-Auswahl überliessen wir mehr oder weniger den Gästen. Wir haben 2-3 Beats geschickt und sie haben dann ihren Favoriten gewählt. Die Erfahrung hat mittlerweile gezeigt, dass die Verses einfach noch um einiges besser und professioneller sind wenn die Leute ihren persönlichen Favoriten unter den Beats wählen und sich davon inspirieren lassen können.
Ein paar der Gäste wiederum wie etwa Sean Strange oder N.B.S. kennen wir persönlich auch sehr gut mittlerweile und wir standen schon gemeinsam auf der Bühne. Die Jungs sind ja auch hin und wieder in der Schweiz für ein Konzert und so lernt man sich halt kennen. Da hat man nicht nur noch ein reines „Businness-Ding“ sondern eben auch Freundschaften untereinander.
Wie lief die Produktion ab?
DJ Spleen: Wir haben da grundsätzlich kein Schema oder Ähnliches um einen Track oder sogar ein ganzes Album zu machen. Wir sind da immer sehr spontan und alles muss einfach grad passen. Meistens gibt es zwei Hauptszenarien: Entweder ich habe einen Beat auf dem Sevsnite unbedingt etwas schreiben muss oder Sevsnite hat einen Text schon ready und sucht einen passenden Beat dazu. Ich schicke ihm dann 2-3 Beats, die meiner Meinung nach passen würden und er wählt seinen Favoriten aus.
Wir lassen uns auch immer von verschiedensten Dingen dazu inspirieren. Wenn wir zum Beispiel zusammen im Studio sind, verlassen wir dieses eigentlich nie ohne dass wir ein paar Beats gemacht haben und sogar einige Tracks recordet haben. Im Studio sind wir also immer sehr produktiv und inspiriert.
Wenn ich zu Hause Beats schrauben will, haue ich mich meistens aufs Sofa und lasse alte Platten laufen. Wenn dann plötzlich irgendwo ein Sample kommt, das mich anspricht bin ich sofort sehr motiviert und höre den fertigen Beat schon praktisch vor mir.
Was erwartet den Hörer inhaltlich auf „The Bloody Chapter“?
Sevsnite: Den Hörer erwartet primär feinen Hardcore Hip Hop wie es ihn in Europa nicht so oft gibt. Der Sound ist schon sehr ähnlich wie in der amerikanischen Hardcore Hip Hop Szene. Die Texte sind vor allem geprägt von Battlerap und Punchlines, die Beats sind meistens brachial mit heftigen Samples. Wiederum haben wir auch ganz persönliche Tracks auf dem Album oder etwa Tracks,die die Politik thematisieren. Das ganze Album ist eine Art dramatischer Soundtrack. Für viele Hörer wird natürlich die Sprache ein Thema sein. Das Album besteht ja im Prinzip zur Hälfte aus englischen Tracks und zur anderen Hälfe aus Tracks auf Schweizerdeutsch. Gerade beim Schweizerdeutschen werden sich Nicht-Schweizer wahrscheinlich denken: „Was redet der da?!“ aber man sollte nicht vergessen, dass Hip Hop weder Sprache, Religion, Hautfarbe noch sonst etwas kennt. Hip Hop ist eine Einheit da spielt es keine Rolle wer wie redet und aussieht.
Wenn man sich die Songs anhört wird man die Message verstehen auch wenn man die einzelnen Wörter im Text nicht immer versteht. Wir wollen mit unseren Songs einfach etwas sagen, dass man daraus Schlüsse zieht und im Idealfall sogar etwas lernt.
Eine kleine Randnotiz rund um das Album?
DJ Spleen: Die schönste Erinnerung am ganzen Album war für mich der Moment, als die CD’s geliefert wurden. Du investiert extrem viel Zeit und Geld in das ganze Projekt, schuftest bis zum geht nicht mehr und dann kommt der Tag an dem du endlich das fertige Produkt in den Händen hältst. Da fällt dir irgendwie ein riesiger Stein vom Herzen. Ich hab noch nie mit so viel Freude die lästige Plastikverschweissung von einer CD gerissen! Für uns ist das Ganze natürlich so oder so speziell, da es unsere erste CD ist.
Natürlich war auch das Feedback von den Amis ziemlich krass für uns. Wenn da plötzlich ein Swifty McVay daher kommt und sagt: „Yo, ihr geht echt ab – macht weiter so!“ ist das schon ziemlich eine Nummer für uns.
Von Track zu Track
1. Vandalz Anthem
Sevsnite: Das ist so ein typischer Opener-Track. Der Beat ist laut, die Hook startet und wir liefern das Statement; sagen dass wir jetzt da sind und dass es jetzt rund geht.
2. Hit ‚Em! (feat. Reef The Lost Cauze)
DJ Spleen: Das Sample zum Beat habe ich rein zufällig im Studio auf einer extreme staubigen und zerkratzten Platte gefunden. Als ich den Beat fertig hatte war uns schnell klar, dass das was für Reef sein könnte.
3. Gift (feat. Äs&Ich)
Sevsnite: Dieser Track hat vor allem einen politischen und gesellschaftskritischen Aspekt. Es geht darum, wie die Politik uns vernarrt und wie die Medien uns vorschreiben wollen, was wir glauben und tun sollen.
Die Hook hat DJ Spleen’s kleiner Bruder mit einem Kollegen zusammen eingesungen. Wir sind sehr zufrieden wie das geklappt hat.
John McClane
Sevsnite: Wieder ein typischer Battle-Track. Spleen’s Lieblingsline hier ist (auf Deutsch übersetzt) „…du gehst von Label zu Label / du bist die Wanderhure“.
Der Name des Tracks wurde gewählt weil der Text auf den typischen Charakter von Bruce Willis‘ Rollen hat.
Don’t Test Us (feat. N.B.S. & Virtuoso)
DJ Spleen: Wir hatten schon auf unserem ersten Tape einen Track mit N.B.S. (“Life is Good” heisst dieser) und wir wollten die Jungs unbedingt nochmals drauf haben, da nach ein paar Shows zusammen das Ganze auch eine freundschaftliche Ebene annahm.
Gschicht
Sevsnite: Gschicht heisst Geschichte auf hochdeutsch und ist nicht direkt eine Geschichte sondern sagt, dass du jetzt Geschichte bist – mit uns beginnt ein neues Zeitalter. Wir wollten diesen Track zuerst eigentlich gar nicht aufs Album nehmen, da doch ein paar derbe Lines dabei sind. Es hat dann trotzdem zum ganzen gepasst.
The Destruction (feat. Sean Strange, Swifty McVay & Eny The Artist)
DJ Spleen: Eine schöne Geschichte wie dieser Track zu Stande kam. Wir hatten ein Konzert zusammen mit Sean Strange und DJ Illegal von den Snowgoons. Nach dem Konzert haben wir mit Sean geredet – unter anderem auch über unsere Albumpläne – und er kam dann mit der Idee: Hey wieso nehmt ihr nicht Swifty McVay mit drauf? Er hat uns dann connected und die Zusammenarbeit lief wie geschmiert.
Freunda Zu Feinda
Sevsnite: Von Freunden Zu Feinden. Der Track ist sehr persönlich und bringt die ganze Wut mit sich, die sich auf Grund einer Familiengeschichte in den letzten Jahren angestaut hat. Ich hatte schon einige Ansätze für diesen Track bin aber noch nie fertig geworden. Der Track war ursprünglich auf einem anderen Beat aber Spleen hat quasi einen Remix noch daraus gemacht und der neue Beat passt einfach noch viel besser zum Track.
Weisch Wie’s Isch? (feat. Salomé)
Sevsnite: Ist ebenfalls ein sehr persönlicher Song. Es gibt Phasen im Leben, an denen man fast zerbricht. Man denkt sich jetzt bin ich am Ende. Der Song hat eine Message und zwar: Steh auf! Mach weiter! Auf den Beat von Spleen wurde zuerst die Hook von Salomé aufgenommen und darauf habe ich dann den passenden Text geschrieben.
No Arguments (feat. Chino XL & Blaq Poet)
DJ Spleen: „first things first – a bloodbath in the booth“, Blaq Poet räumt auf diesem Track alles ab. Sein Verse ist extreme stark. Chino lässt seine Flow-Künste in der Hook spielen. Wir sind begeistert wie die zwei Jungs auf dem Track abgehen. Schöne Anekdote: Chino fand den Beat so dope, dass er neben der Hook auch noch einen Verse machen wollte aber das hat dann leider einfach nicht mehr gereicht.
Spiegel
Sevsnite: Der ganze Track hat eigentlich den Hintergrund, dass ein Mensch in den Spiegel schaut und mit sich selber spricht. Er sagt zu sich, was er für Mist gebaut hat und wie er alles verkackt hat; wie er alles anders und besser machen würde falls er die Gelegenheit hätte.
Z’Blüetig Kapitel
DJ Spleen: Eigentlich mein Lieblingstrack auf dem ganzen Album. Der Beat steigert sich das ganze Lied über immer mehr. Beim zweiten Verse gibt’s einen kompletten Beatwechsel. Sevsnite hat hier Hammer-Parts geschrieben, bei denen er auch mit den Emotionen spielt und eine unglaubliche Atmosphäre schaut. Beide Verses erzählen im Prinzip eine Geschichte von zwei Jungen. Nur muss er einmal selber hart schuften und schlägt daraus am Schluss entsprechend Kapital. Der andere Junge wird von Geburt an verwöhnt und steht irgendwann komplett alleine ohne Hab und Gut da. Da kommt auch bald ein ziemlich cooles Video dazu
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