Bei „Sway in the Morning“ hieß es vor einiger Zeit in einem Interview, dass Hip-Hop mit etwas mehr textlichem Tiefgang wieder im Kommen sei. Seht ihr das auch so? Woran könnte das liegen?
Killer Mike: Hip-Hop war lyrisch nie wirklich weg. Es wurde nur aufgehört, lyrische Songs im Radio zu spielen. Ich kann dir aus quasi jeder Zeit auf lyrischer Ebene unglaubliche Tracks nennen. Mich machen solche Fragen zu einem Kind auf Worldstar (lacht). Ich hatte die gleiche Diskussion vor ein paar Jahren mit einem Kumpel. Es ist ein Argument, das sich wagemutig hält, aber nicht wahr ist. Als MC Hammer an der Spitze war, gab es die gleiche Diskussion. Aber zur gleichen Zeit gab es krasse Platten von N.W.A oder EPMD. Für mich ist die Frage quasi nicht beantwortbar, da die Behauptung so nicht stimmt.
El-P: Auf einem Track mit Aesop habe ich einmal Folgendes gesagt (überlegt kurz): While half of the critics claim it every year: Hip-Hop’s over/ Fuck you, Hip-Hop just started/ It’s funny how the most nostalgic cats are the ones who were never part of it. Wenn man Hip-Hop betrachtet oder noch besser: Scheiß auf Hip-Hop, guck dir nur Rap-Musik an. Du wirst immer etwas finden können, das dir nicht passt. Aber ich denke, es gibt kein Richtig oder Falsch, was Musik angeht. Es ist nicht wirklich die Frage, ob Hip-Hop wieder lyrischer wird oder nicht, es geht mehr darum, was der Mainstream wahrnimmt. Der Mainstream wiederum schaut sich nur zwei oder drei Platten an. Und so entsteht der Eindruck, dass dies der aktuelle Stand einer kompletten Kultur sei. Aber der Stand der Dinge beläuft sich nicht nur auf ein oder zwei Exemplare. Der Stand der Dinge beläuft sich auf einen Jungen, der in irgendeinem Keller eine Platte macht, die du niemals hören wirst.
Aber wenn es niemand jemals hören wird, ist es dann nicht irrelevant?
El-P: Okay, aber wenn das irrelevant ist, was ist dann Kunst? Mein Punkt ist: Eventuell ist das komplette Konzept von all dem irrelevant. Was wirklich zählt, ist die Musik und was in einem Moment erreicht wird. Das artet langsam zu einem generellen Statement aus, aber ich versuche einfach, nie zu verärgert zu sein. Ich bin einfach ich. Ich mache meine Musik, wie ich sie möchte und kümmere mich nicht zu sehr darum, was draußen so abgeht.
Also seid ihr nicht verärgert, dass ihr nicht für die Grammys nominiert wurdet?
Killer Mike (wie aus der Pistole geschossen): Ich bin auf jeden Fall verärgert.
El-P: Mir ist das egal. Mike kümmert sich um das Angry-Department. Ich habe nie jemanden darum gebeten, diesen Mist zu starten. Also brauche ich das auch nicht.
Also sind Auszeichnungen nicht wichtig? Was gibt euch ein gutes Gefühl, wenn ihr eure Platten releast?
El-P: Shows sind wichtig. Kids, die Spaß daran haben, was wir machen, sind wichtig. Energie, die wir zurückbekommen, indem wir eine bestimmte Energie mit unserer Musik geben, ist wichtig. Etwas zu tun, worauf du Lust hast, ohne dabei irgendjemanden um Erlaubnis zu fragen, ist wichtig. Die Schritte zu unternehmen, ein freier Mann zu sein, obwohl die Gesellschaft alles daran setzt, dich unter einen Teppich einer fadenscheinigen Bürokratie zu kehren, ist wichtig. Mike und ich haben keinen richtigen Job. Keiner kann mir irgendwas erzählen.
Killer Mike: Lass es mich so erklären: Wenn wir einen Grammy bekommen, ist das eine großartige Sache für unsere Karrieren. Aber falls wir keinen bekommen, dann bedeutet das noch lange nichts.
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