Wale im Interview über sein neues Album, J. Cole und Ghostwriting

Wale ist einer der talentiertesten, internationalen Rapper der letzten Generation. Der Amerikaner mit nigerianischen Wurzeln veröffentlicht seit über 15 Jahren Musik und schwebt teilweise immer noch unter dem Radar der breiten Masse. Wenn man sich seine Erfolge anschaut, ist das kaum zu glauben. Neben zahlreichen Gold- und Platinplatten hat sich der Künstler zu einem szene-internen Kritiker-Liebling entwickelt. Umso aufgeregter war ich, als ich die Chance bekommen habe, ein Interview mit ihm zu machen und über sein neues Projekt “Folarin II” zu sprechen. 

Mit einer höflichen Verspätung von fünf Minuten betritt Wale den Zoom-Call und scherzt erstmal darüber, dass sein Manager ihn belästigen würde. Wale ist nicht der größte Fan von Interviews, deshalb frage ich ihn, ob dieses Interview und sein Manager die Schattenseiten des neuen Major-Label Vertrag sind. Zwar findet er viele Business-Aspekte in der Industrie zu steif, aber als Schattenseite würde er es nicht betiteln. Im Endeffekt seien sie ja Partner und eine Hand wäscht die andere. 

Dass die Fortsetzung zu “Folarin I” neun Jahre später erscheint, ist kein Zufall, denn Wale befindet sich in einem sehr ähnlichen Mindset wie damals in 2012 und übernahm auch das Konzept vom ersten Teil. Das Album soll alle Stilrichtungen von Wale vereinen, was schon bei den Singles deutlich wird. Denn das ist etwas, was Wale sich früh auf die Fahne geschrieben hat, Vintage Hip-Hop, Bars und R’n’B gehen für ihn Hand in Hand. Das zeigt auch der Song “Down South”, auf dem er den legendären Beat von Mike Jones und Paul Walls Track “Still Tippin” gesamplet hat. “Da gebührt die Ehre aber Mike Jones und Paul Wall. Ich bin so dankbar, dass sie das Sample freigegeben haben.” Diese Stimmung legte sich aber kurz nach dem Interview, denn eine Stunde später twittert Wale, dass ein Sample vom Album doch nicht freigegeben wurde und er jetzt einen komplett neuen Beat für den Song sucht. Um welchen Song es da konkret geht, ist leider nicht bekannt.

 

„Y´all be talking Rolex, but y´all be thinking Seiko“

Falls ihr euch bis hier hin gefragt habt, was soll “Folarin” eigentlich bedeuten? Es ist nigerianisch und bedeutet so viel wie “Wander mit dem Reichtum”, was in der heutigen Welt ein ziemlich perfekter Name für ein Rap-Projekt ist. Doch Wale hat eine andere Definition von Reichtum, für ihn ist es sein Mindset und die mentale Gesundheit. Er erzählt mir davon, dass er zu seinen New-Yorker Zeiten jeden Tag Pharrell Williams in Soho begegnet ist und dieser ein Schild in seinem Store hängen hatte mit der Aufschrift “Wealth is of the heart & mind, not the pocket”. Das hat ihn zum Nachdenken gebracht und nach längerer Zeit zur Selbstliebe gebracht. Das spiegelt sich auch in seiner Musik wieder, so rappt er auf “Name Ring Bells”: “Y´all be talking Rolex, but y`all be thinking Seiko:” 

Seine nigerianische Herkunft hat Wale niemals vergessen, ob es in seiner Musik ist oder auf Twitter, das Thema Nigeria ist omnipräsent für den 37-Jährigen. Auch wenn er in der USA geboren wurde, so trug er immer einen gewissen Stolz mit sich, denn er lernte früh, die Kultur zu verstehen und zu lieben. Lagos zählt zu seiner absoluten Lieblingsstadt und diese Liebe hat er auf seinen mehreren Reisen dorthin immer wieder zurückbekommen, wie er mir erzählt. Auch die heranwachsenden afrikanischen Trends in amerikanischer Popmusik sieht Wale nicht so eng. Er selbst sieht sich als Vorreiter und ihm ist bewusst, dass sich Kunst immer an verschieden Kulturen bereichern wird. “That is just a part of the game” 

Für “Folarin II” hat Wale einige interessante Featuregäste im Gepäck, einer davon ist sein langjähriger Kollege J. Cole. Die beiden featuren sich gegenseitig seit Wales Debütalbum “Attencion Deficit” im Jahre 2009 und waren am Anfang ihrer Karriere gemeinsam auf Tour. Mit “Poke It Out” wurde der gemeinsame Song auch als Single veröffentlicht und glänzt aufgrund des Samples von Q-TipsVivrant Thing”. Wale, der nebenbei auch ein großer Wrestling-Fan ist, bezeichnet die beiden als “Legion Of Doom”, dem legendärsten Wrestling Tagteam der Geschichte. Neben Cole findet aber auch die legendäre Gruppe Boyz II Men einen Platz auf dem Album. Durch das Feature ist ihm erst so richtig bewusst geworden, wie weit er in seiner Karriere gekommen ist. Doch Höhenflüge bekommt er dadurch nicht wirklich. Zwar gibt es hier und da mal Starallüren, aber sein Umfeld macht ihn bodenständig. 

 

Wale schaut nur noch auf sich selbst!

Am Ende erklärt mir Wale noch seine Sicht auf die ganze Ghostwriter Thematik, denn nach eigenen Aussagen hat er für viele große Stars geschrieben. Manchmal stand er in den Credits, aber in den meisten Fällen nicht. Er selber hat Ghostwriting nicht nötig, denn Melodien und das Schreiben liegen ihm einfach. Diese Gabe teilt er aber auch gerne mit der Szene, “Jeder hat ja seine Stärken und Schwächen”. Trotzdem sieht Wale in seiner Musik aber sehr viel Stärke, schließlich muss man ja auch hinter der eigenen Kunst stehen. Im Sommer verfasste er einen Tweet, indem er schrieb, dass er einer der besten Rapper aller Zeiten wäre und die Industrie das nicht leugnen könnte. Auf die Frage, ob er sich unterschätzt fühlt, sagt er nur, dass er darüber nicht mehr nachdenken möchte, seine Fans wissen, was er kann und das reicht.

Abschließend erzählt er mir noch, dass er auch in Sachen Sneaker ein Vorreiter ist. Auf dem Album ist der Song “Tiffany Dunks”, benannt nach dem legendären Nike SB X Diamond Dunk, denn Wale sammelt den Dunk schon seit 15 Jahren und freut sich, dass mittlerweile viele Menschen auf den Hypetrain aufgesprungen sind. Das hat ihm einmal mehr bewiesen, dass er einfach weiß, was er tut und das ist auch die Essenz von “Folarin II”: “Es ist eine Erinnerung an alle Leute da draußen, wer Wale ist und wozu ich beigetragen habe”.