Die beiden Brüder Sam und Chelo waren viel unterwegs. Seit ihrem letzten Album im Frühjahr 2014 eigentlich durchgehend. Viele Festivals, eine eigene Tour und den Toursupport von Cro zu spielen, hat die beiden ganz schön beschäftigt. Trotzdem haben sich die beiden in der Kleinstadt geborenen Chimperator Künstler nochmal an ein Album begeben. Kleinstadtkids liefert genau das, was der Titel verspricht: Geschichten und Anekdoten aus dem Kleinstadtleben von zwei Teenagern, die nun Erwachsen sind, und in der Großstadt wohnen. Uns haben sie erzählt, wie sie an das Album herangegangen sind und warum sie ihre Tour verschoben haben.
Auf Grund von Projekten, denen ihr nachgehen wollt, habt ihr eure Tour erstmal verschoben. Was könnt ihr darüber erzählen?
Sam: Viel sagen, dürfen wir leider noch nicht, aber es wird auf jeden Fall bald etwas dazu geben. Bei mir ist es etwas musikalisches und für Chelo geht es in die Staaten. Er macht da Sachen mit seinen Klamotten.
Gut, wenn Ihr dazu nichts mehr sagen dürft, dann lieber wieder zurück zum Album. Zwischen „Two True Brothers“ und „Kleinstadtkids“ liegen ziemlich genau drei Jahre. Was ist passiert?
Sam: Ja, stimmt. Das sind jetzt schon drei Jahre. Wir hatten das Glück, dass wir mit dem Album viel live spielen konnten. Also wir waren 2014 dann auf Tour, haben viele Festivals gespielt und 2015 nochmal Festivals gespielt. Ich glaube, es ist sehr ungewöhnlich für Hip-Hop Künstler, dass man so lange mit einem Album spielt. Und dann 2016 haben wir uns hingesetzt und wirklich am neuen Album gearbeitet.
Es war also eine bewusste Entscheidung: Wir setzten uns jetzt hin und machen ein neues Album?
Sam: Ja, wir waren der Meinung, dass wir auf jeden Fall was Neues starten müssen. Wie du schon sagtest, es sind drei Jahre vergangen. Deswegen wussten wir: wir wollen jetzt ein neues Album machen, wir haben das Thema gefunden, wussten um was es gehen soll und haben uns dann bewusst hingesetzt und das Album gemacht.
Zu „Two True Brothers“ habt ihr mal gesagt, ihr hattet beim aufnehmen nicht wirklich einen roten Faden, aber am Ende kam doch ein durchgehendes Thema rum. Das war also diesmal anders?
Sam: Auf jeden Fall. Wir wussten, das Thema ist Kleinstadtkids. Wir wussten, es soll echt klingen. Wir wollten viele Liveinstrumente, Liveschlagzeug vor allem und wir wussten wo es von den textlichen Themen hin soll. Diesmal war uns viel mehr im vornherein bewusst, was wir machen wollen.
Geht man an ein zweites Album ganz anders heran, als an ein Debutalbum?
Sam: Beim ersten Album ist der Gedanke schon eher so: „Oh, krass. Das erste Album. Da müssen wir jetzt etwas machen, was irgendwie albumwürdig ist und keine Mixtapemusik“. Der Druck dahinter war also viel höher. Nachdem wir das jetzt schon einige Jahre machen, war es beim zweiten eher so: „Lass uns wieder Musik machen. Lass uns das machen, was wir wollen“. Vom Thema her war es ja auch schon klar. Wir wussten also, das sind wir und wir müssen da jetzt nicht versuchen, irgendetwas zu erfinden oder so. Es war definitiv um einiges einfacher, finde ich.
Und wo hat der tatsächliche Aufnahmeprozess stattgefunden? Seid ihr auch mal zurück nach Ochsenhausen, um die Atmosphäre dort wiederzugeben?
Sam: Wir sind schon bewusst aus Ochsenhausen weggezogen, denn wir wollten das ganze von außerhalb betrachten, einen anderen Winkel und auch andere Sichtweisen gewinnen. Deshalb bin ich dann nach Berlin und Chelo nach München gezogen. Natürlich sind wir ab und zu nachhause gefahren, aber eher um die Familie zu besuchen und nicht, weil wir dachten wir bräuchten neue Inspiration aus Ochsenhausen. Wir sind also weggezogen und haben beide vieles in der jeweiligen Stadt gemacht. Um es zu verfeinern sind wir dann in die Redbull-Studios gegangen und haben da alles nochmal fresh gemacht.
Sind die Geschichten, die ihr auf dem Album erzählt, alle selbst erlebt, oder sind auch manche „mitgenommen“, weil sie zum Thema passten?
Sam: Jein. Vieles ist auch aus der Sicht von anderen, das checkt man vielleicht gar nicht. Zum Beispiel bei dem Song „Einraumwohnung“. Da rede ich von mir, meine aber nicht mich, ich spreche aus der Sicht einer anderen Person, die ich gut kenne. Bei der Person war es eben so, wie ich das in dem Track schildere. Es stimmt also schon alles, aber es ist nicht alles nur über mich, was auf dem Album stattfindet.
Ihr seid jetzt beide in die Großstadt gezogen. Was vermisst ihr, wenn ihr dort seid, am meisten an der Kleinstadt?
Chelo: In der Kleinstadt ist halt die Base da. Da sind unsere Jungs am Start. Aber ich wohne ja in München und das sind nicht einmal zwei Stunden mit dem Auto. Am Anfang dachte ich, ich komme einfach einmal die Woche Heim, sehe meine Jungs und vor allem meine Family, aber ich muss ehrlich sagen, ich sehe die alle gar nicht mehr. Ich bin eigentlich gar nicht mehr in Ochsenhausen. Sehr, sehr selten zumindest. Wenn, dann irgendwie zu einem Geburtstag. Und ich muss schon sagen, das fehlt mir natürlich manchmal schon, meine „Dawgs“ und meine Family zu sehen.Und wenn man in Ochsenhausen lebt, checkt man gar nicht wie krass die Natur dort ist und diese Ruhe. Aber jetzt, wo man in der Großstadt wohnt, ist es doch ein sehr großer Unterschied, den man aber jetzt erst bemerkt. Einem wird erst jetzt, von außen bewusst, wie schön so ein Kleinstadtleben eigentlich ist.
Ihr könntet euch also vorstellen, später wieder dieses Kleinststadtleben zu führen?
Chelo: Aktuell natürlich nicht, das wäre mir zu wenig, aber ich denke so mit … acht Frauen und zwanzig Kindern kann ich mir das gut vorstellen, wieder in die Kleinstadt zu ziehen. Ne Spaß beiseite, mit einer kleinen Family ist das auf jeden Fall was schönes. Ich denke jetzt zwar nicht so weit, was in zehn Jahren ist, weiß ich nicht, aber ich könnte mir das schon vorstellen irgendwann mal.
Inwiefern habt ihr euch eurer Meinung nach musikalisch weiterentwickelt, seit dem ersten Album?
Sam: Wenn ich jetzt das erste Album und dann das zweite anhöre, ist es für mich was ganz anderes. Die Texte sind reifer, die Instrumentals sind reifer, also meiner Meinung nach, sind wir in den drei Jahren schon so gewachsen, dass man das auch hört.
„Kleinstadtkids“ ist vergleichweise mit „Two True Brothers“ eher schlecht gechartet. Wie wichtig ist euch das?
Sam: Wir sind zufrieden damit, wie es ist. Wir sind mit der Resonanz mehr als zufrieden, haben wirklich nur positives gehört und unser Umkreis findet es gut, aber genauso andere Leute, die uns schreiben. Mir kommt es so vor, als wäre die Resonanz jetzt eine bessere, als sie es beim ersten Album war. Von daher sind wir cool damit. Die Eins wäre natürlich nicht schlecht gewesen, aber das ist ja nicht unser letztes Album.
Ihr seid tatsächlich mal in der Bravo gewesen. Wie steht ihr dazu?
Chelo: Also ich habe früher nicht wirklich die Bravo gelesen. Jeder kennt die Bravo, vor allem als Teenie, aber ich glaube die haben sich inzwischen sehr in eine Richtung entwickelt, die vielleicht viel mit Youtubestars und so weiter zusammen arbeitet. Ich finde es trotzdem irgendwie witzig in der Bravo zu sein. Ich glaube, jeder deutsche Rapper ist mal in der Bravo gewesen. Ich finde es nicht schlimm, wie gesagt irgendwie witzig, aber ich habe mich jetzt auch nicht groß damit auseinander gesetzt.
In den drei Jahren voller Touren und Albumaufnahmen verbringt man viel Zeit miteinander, geht ihr euch als Brüder nie auf die Nerven?
Chelo: Wir haben ja zusammen in Ochsenhausen gewohnt, da hängt man dann jede Tag aufeinander und natürlich geht man sich, als Brüder, auch mal auf die Nerven. Das gehört dazu. Mittlerweile wohne ich in München und er in Berlin deswegen sieht man sich nicht mehr so häufig. In der Albumphase natürlich schon etwas mehr, aber man nervt sich dann kaum noch. Man kennt sich mittlerweile so gut, dass man auch einfach sagen kann „Hey, halt doch einfach mal die Fresse“ oder „Verpiss dich bitte einfach mal, ich brauche meine Ruhe“ ohne, dass der andere dann total eingeschnappt ist und nichts mehr sagt, sondern akzeptiert das einfach.
0 comments