K.I.Z. „Hurra Die Welt Geht Unter“ (Review)

K.I.Z-Hurra-die-Welt-geht-unter-Cover-475„Ihr Untermenschen verbeugt euch nun vor den Erfindern von deutschem Humor/ Auf einmal findet jeder hier schwul sein okay, aber Homosexualität war unsere Idee“ – so läuten K.I.Z. den bevorstehenden Weltuntergang ein und geben den Startschuss für ihr neuestes Werk: „Hurra die Welt geht unter“. Schon das Cover und der Titelsong prognostizierten düstere Zeiten für die Rapwelt. So bekommt der Hörer ein Werk vor die Nase gesetzt, das definitiv mit einigen Überraschungen aufwartet. Nach einer eher ruhigeren Phase koppelten die Jungs von K.I.Z. vor dem Release eine Reihe von Videos aus. Darunter auch der Titelsong des Albums. Die Hook kommt von AnnenMayKantereit-Frontmann Henning May, der mit rauer Stimme aus dem Atomschutzbunker durchs Mikrofon trällert. Als Gastparts treten Yassin, Audio88, Manny Marc („Was würde Manny Marc tun“) und Sefo („Superstars“) auf den Plan.

Auf den insgesamt 13 Tracks von „HDWGU“ finden sich vor allem Songs, die dasselbige Motto unterstreichen. Es regnet wieder viel unterschwellige Gesellschaftskritik, Salven von schwarzem Humor und Hackepeter. Aber auch persönliche Themen werden offenbart. Wie beispielsweise auf „AMG Mercedes“, wo es um die Schulzeit und Jugend der drei rappenden Hauptakteure geht. Ohnehin kommen die Jungs diesmal persönlicher und düsterer daher. Auch Tareks „Freier Fall“ handelt von Liebesproblemen: „Seitdem du fort bist, befind‘ ich mich im freien Fall / Ich werde schnell leben, jung sterben und eine hübsche Leiche sein“ – das klingt zwar auch immer wie mit einem zwinkernden Auge eingerappt, dennoch klingt es ungewohnt intim. Ansonsten gibt „HDWGU“ einige doch ziemlich schräge Tracks her, die im Hip-Hop-Jargon wohl als Sicker Scheiß betitelt werden können und auf einer Farbskala stark Richtung Dunkelschwarz tendieren.

In „Verrückt nach dir“ werden Stalking-Geschichten ausgepackt: „Splitternackt liegst du da, deine Nippel sind hart, denn es ist Valentinstag und witterst Gefahr, ich bin im Schrank“ und auf „Ariane“ erzählt Nico von einer gestörten Persönlichkeit, einem brav arbeitenden Angestellten, der am Wochenende zum Sadisten mutiert. Das Album behandelt relativ viele abgedrehte Themen, welche durch die ständigen Wortwitze und die Bildsprache dann doch wieder ins Lächerliche gezogen werden. Daher kann man sich auch bei einem Track über die verkorkste Kindheit und den Hass auf die eigenen Eltern wie „Käfigbett“ trotzdem mit reinem Gewissen ins Fäustchen lachen.

K.I.Z. sind eben nach wie vor Intelligenzbestien, die Missstände auf ihre humorvolle Art wiedergeben. Wahnwitz trifft Comedy. Zum Abschluss des Album kommen die Feature-Gäste an den Start. Mit „Was würde Manny Marc tun“, haben die Jungs einen Titel im Programm, der den Kontrast zwischen Albtraum-Szenarien und Atzen-Partylife aufzeigt und knapp zwischen Galgenhumor und Realität balanciert. Highlights bis dato sind „Boom Boom Boom“, der das gewohnte K.I.Z.-Feeling transportiert – mit viel Synthie-Sound und Proleten-Rap vom Feinsten. „Meine Vorfahren haben Wildschweine gejagt, jetzt leb‘ ich mit Barbaren, die tun, was die Bild-Zeitung ihnen sagt“. Und das Feature mit Henning May, „Hurra die Welt geht unter“, welches das Ende der CD und den Anfang des Weltuntergangs besiegelt.

K.I.Z. werden nicht umsonst als eine der beliebtesten Deutschrap-Kombos gefeiert. Deshalb gibt es neben schwerverdaulichen Themen viel schamlosen Humor und Wortwitz zu 16ern geschnürt. Mit „HDWGU“ schlagen K.I.Z. eine neue Richtung ein. Anders, nachdenklicher und verrückter, als noch zu Zeiten von „Spasst“, „Du Hurensohn“ und „Ich bin Adolf Hitler“. Der Spaßfaktor steht immer noch an vorderster Stelle, nur dreht sich das Lyrische um etwas ernstere Themen. Das Album hat viele lustige Momente, was man von Altprofis wie K.I.Z. aber auch erwarten konnte. Dennoch brechen die Berliner damit sicher nicht sämtliche Bahnen. „HDWGU“ ist ein Album, bei dem sich die Geister scheiden werden. Denn Humor interpretiert jeder anders.

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