Es ist wieder Zeit, euch einen – naja, das ist er nicht mehr wirklich – Newcomer vorzustellen. Munoz rappt schon ein Weilchen länger und sein Debütalbum „Boogaloo“ gibt es auf seiner Website zum freien Download. Hier und jetzt stellt er sich jetzt mit einem „Hi, my name is…“-Interview euch und uns vor:
This is where I‘m from…
Ich komme ursprünglich aus Kiel, lebe aber schon seit meinem 9. Lebensjahr hier in Hamburg.
I know my roots…
Ich habe zwar spanische Wurzeln, spreche aber ganz, ganz wenig spanisch. Die Aussprache wäre vielleicht kein so großes Problem, aber das Vokabular auf das ich zurückgreifen müsste, wäre sehr begrenzt. Und das ist noch stark untertrieben. Wäre ich in Kiel bei meiner Familie aufgewachsen, hätten sie mich ganz sicher zweisprachig erzogen, aber das Leben war leider immer etwas kompliziert. Ich spreche aber ein recht authentisches, nennen wir es mal, „Brooklyn-Englisch“ und gelte gemeinhin als „Mann vom Fach“.
I know my steez…
Als ich ca. 8 Jahre alt war, lief im Fernseher meiner Großeltern das Video „Hey you“ von der legendären Rock Steady Crew. Das war mein ganz persönlicher Urknall. Plötzlich wusste ich, dass ich ganz, ganz dringend, weiße Handschuhe, weiße Nikes, einen Trainingsanzug und einen dicken, fetten Ghettoblaster brauchte. Das war völlig klar! Plötzlich war ich Mr. Robot und tanzte, wie viele damals zu dieser Zeit, den „Electric Boogaloo“. In meiner Familie war Hip Hop immer sehr präsent, da meine Cousins selbst B-Boys waren und mich, wie meine Cousine, mit neuen Mixtapes versorgten. Sie bewegten sich bereits in der damals noch recht jungen Szene, die sich in Kiel und in ganz Deutschland bildete. Und sie nahmen mich mit, in eine Welt aus belebten Hinterhöfen, wo sich buchstäblich alles auf und um eine kleine PVC-Matte drehte. Sie waren meine Lehrer und daher auch meine Vorbilder. Und meine „Ma“ verabreichte mir den Reggae, den Soul und den Funk bereits als leckere Geheimzutaten in der Muttermilch. Sie war meine erste Lehrerin. Und ja: ich weiß, dass ich alt geworden bin…
That’s my („oh Gott – wie eklig klingt das denn bitte?“) motherf***n‘ name…
Emanuel Munoz, wobei ich „Senior Munoz“ mittlerweile viel runder finde.
Turn my music on…
Mein Stil speist sich aus allen möglichen Einflüssen, da mir Rapmusik allein, zu eindimensional, sprich, zu langweilig wäre. Ich höre alles, was mich in irgendeiner Weise berührt und mit Liebe gemacht wurde. Ich lehne mich, glaube ich, nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass ich musikalisch gesehen, ein sehr hohes Maß an subkultureller Bildung genieße. Und alles, was ich höre, sehe oder lese, fließt mit in meine Musik ein und richtet sich an alle, die mit meiner Interpretation dessen, etwas anfangen können. Meine Beats sind, melodische, trojanische Einhörner, deren Fracht unterhaltsame aber auch sehr bittere Erkenntnisse sein können, die ich als MC versuche zu artikulieren. Was meine Produktionsweise betrifft, bin ich leider sehr langsam und arbeite wie Karl Lagerfeld es mal so treffend formulierte, zu 90 Prozent für den Papierkorb. Deshalb bewundere ich auch jeden MC, der nur 1 Take braucht, um „abzuliefern“. Aber ich bin ja auch immer auf so vielen Baustellen gleichzeitig unterwegs. Nichtsdestotrotz muss das Endergebnis, das Produkt, also die Raps, die Beats, die Dramaturgie in der Abfolge der Tracks und auch das Artwork eine in sich schlüssige Einheit bilden, um mein Anliegen, adäquat kommunizieren zu können. Für die Nerds unter euch: Ich arbeite mit einer Korg-M50 Workstation, einem MikroKorg XL, einem Roland SP 404 SX Sampler, einem R24 Recorder und meiner Percussion-Sammlung. Ich liebe Hardware!
You see the difference…
Ich rocke auf jeden Fall konsequent meinen Südsee-Insel-Hip Hop-Film. Hier ist es immer so grau und so kalt. Ich bin Mensch-gewordenes Fernweh, liebe alles mit Kokos, gucke alle möglichen Dokumentationen über Tropenparadiese dieser Welt und das alltägliche Leben dort. Generell habe ich viele verschiedene Hobbies oder Interessen. Ich liefere zumindest noch einen weiteren Blickwinkel auf das alles hier und das wirklich „im wahrsten Sinne des Wortes“, da ich stark kurzsichtig bin, wie ich es auf der „Boogaloo“ auch erwähne. Es gibt einen Satz aus dem Ehrenkodex der Samurai, der meine Denke ganz gut auf dem Punkt bringt: „Zuschauer sehen mehr als Spieler.“ Ich durfte nie „mitspielen“, wurde immer wieder wegen meinen Augen ausgegrenzt, angegriffen oder sabotiert. Also habe ich mir eine eigene kleine Welt geschaffen – autark, wissbegierig, bunt und kreativ. Und ich fand Menschen, die mich so akzeptieren, wie ich bin. Wenn die Medien über Parallelgesellschaften oder über Nerds reden, fühlen wir uns angesprochen. Wir sind die Aliens. Aber wir sind eben auch, Tüftler, Wissenschaftler, Grafik- und 3D-Designer, Philosophen, Dichter, Politiker, Musiker und vieles mehr. Trotzdem haben viele von uns keine Perspektiven und leben im „Hartz IV-Modus“. Doch wir rennen niemandem hinterher. Wir bleiben schön auf unserer Insel.
My brandnew album/mixtape…
Die „Boogaloo“ habe ich ja bereits seit geraumer Zeit als Free Download im Netz stehen. Da ging bis jetzt noch nicht so viel. Ansonsten arbeite ich grade am nächsten Album. Einen Release-Termin kann ich aber noch nicht nennen, da ich hier noch einiges zu tun habe. Da das Ausüben einer Kunst, lebenslange Übung erfordert und man sich bis zum letzten Moment anstrengen soll, besser darin zu werden, ist es wohl logisch, dass das nächste Album geiler wird, als das davor. „Boogaloo“ gammelte ja relativ lange auf meiner Festplatte rum und in der Zwischenzeit habe ich unglaublich viel über mein Equipment gelernt.
I know, what I want…
Es wäre schön, würde ich es schaffen, mir eine kleine Nische aufzubauen, von der ich gegebenenfalls leben könnte. Sei es als Beatlieferant, als MC oder als Grafikdesigner. Am liebsten alles gleichzeitig. Ich könnte mir z. B. auch vorstellen, Caps und T-Shirts zu designen oder meine Öl-Pastell-Bilder auszustellen. Aber wie ein sehr guter Freund von mir mal sagte: „Wir wären nicht so enttäuscht, würden wir nicht so viel erwarten“. Und ich möchte auch nicht den Spaß daran verlieren. Dafür liebe ich diese Dinge einfach zu sehr. Erkenne, wie viel wir haben und wie wenig wir brauchen! Ich bin gesegnet. Ich werde geliebt.
Look into my future…
Eigentlich habe ich diese Frage eben schon beantwortet. Irgendwann in den nächsten 3 bis 4 Jahren, werde ich mit meiner „Vahine“ aufs Land ziehen. Ich habe es satt, in dieser scheiß Arbeiter-Legebatterie zu leben. Mit der Stadt bin ich definitiv fertig. Wir werden einen schönen, alten Resthof kaufen und ein bisschen „aufpimpen“. Im Umkreis von mindestens 1 Kilometer, wird nur die Natur sein. Dort werde ich mir dann auch ein großes Studio mit Gesangskabine einrichten, wo auch ein Schlagzeug drin stehen wird. Ähnlich wie Samy das mit seiner Kunstwerkstatt gemacht hat.
Zum Schluss gibt’s einen ersten Eindruck mit dem Track „Sandburg“:
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