Explosives Gemisch: Rapper und Metalmusiker Grafi im Interview

Heute mal etwas, das nicht nur die „Rap ist nicht mehr wie früher“-, sondern auch die „Ich bin offen für alles“-Lager fordern dürfte: Grafi. In seiner Musik – und hier kommt die Herausforderung – vereint er nämlich Metal mit Rap. Wie er dazu kam, wie das überhaupt geht, was das Bindeglied der beiden Genres ist und warum sich das Ganze nicht ausschließen muss, erklärt er in einem Gespräch über sein neues Album „Ektoplasma“.

Skating als Vermittler beider Genres

Den Wu-Tang Clan nennt er, als ich ihn frage, wie er mit Rap in Kontakt gekommen ist. Auch Hip-Hop von der Westcoast und Rap aus Berlin, speziell die Mukke aus dem Royal Bunker, habe er damals gefeiert – das mündete sogar ins Beats Produzieren. Jetzt stelle man sich vor: Vor Zeiten von Streaminganbietern und Smartphones hat man sich einfach draußen mit seiner Clique getroffen, um gemeinsam Musik zu hören. In Grafis Fall waren es Freunde, mit denen er oft geskated ist. Einer dieser Freunde habe etwas andere Musik gehört, als der Rest. Das schwarze Schaf dieser Runde sollte also der erste Kontakt zu Metal-Musik sein. „Ich war offen dafür, wir haben uns dann gegenseitig CDs ausgeliehen und ich habe gemerkt, dass ich Hip-Hop und Metal feiere!“

 

Der Unterschied macht die Musik

Einen ersten Vorgeschmack dieses Konglomerats konnte man auf seinem ersten Release „Geistermusik“ hören. Es folgte das zweite Album „Unter Null“, das er ein „Winteralbum“ nennt. „Das Album war sehr persönlich, aber nicht sehr zugänglich, weil ich die Geschichten in Metaphern gepackt habe.“ Als ich ihn nach der Schnittstelle zwischen Rap und Metal frage, antwortet er, dass man das gar nicht so leicht sagen könne. Auch Metal habe unzählige Subgenres. Auch er selbst unterscheide sich vom typischen Metal-Musiker, da er viel Wert auf Technik und Reimstrukturen lege und das Punchen beim Rappen möge, im Metal gelte eher das „Haus, Maus“-Prinzip. Dafür sei Metal aber auch melodischer, auch wenn der Laie nur Geschrei wahrnimmt. 

Auch in der Produktion sehe das ganze anders aus. Während man bei Rap-Beats viel mit Loops arbeite, gestalte sich die Produktion eines typischen Grafi Beats etwas komplizierter. „Das ist am Ende nicht so leichte Kost. Es passiert sehr viel und wir richten uns an keiner Standart-Struktur.“ Der Beat erzähle auch eine Geschichte. Das kann ich übrigens, nachdem ich „Ektoplasma“ gehört habe, unterschreiben.

 

Stürmisches Sommerparadies 

Für „Ektoplasma“ hat sich Grafi mit Producer KCVS zusammengetan. Dieser sei ebenfalls schon immer „komisch offen für ähnliche Musik“ gewesen und sorgte für die atmosphärische Untermauerung auf dem Album. Thematisch gehe es beim Album größtenteils um das Jahr 2019, das für Grafi von Durchhängern, Burnout und Trennungen bestimmt war. Beim Hören des Albums wird schnell klar, hier hat jemand etwas zu verarbeiten. Er selbst erklärt, dass die Anordnung der Tracks auch chronologisch seinen Gemütszustand vom letzten Jahr widerspiegelt. „Die erste Hälfte ist düster, aber ab ‚Nevada‚, dem vorletzten Track, wird es sonniger.“ Der vorletzte Track mündet dann in den, wie er es beschreibt, fröhlichsten Song auf dem Album: „Palmen“.  Auf Palmen scheint er dann sein Glück gefunden zu haben und so wirkt er auch im Gespräch. Offen, glücklich und er erzählt mir, dass er schon am nächsten Werk arbeite. Dieses soll fröhlicher und sommerlicher werden, weil die Vibes einfach „heller“ seien. Das ganze knüpfe damit auch an das Ende von„Ektoplasma“ an.

 Als ich „Nevada“ und „Palmen“ gehört habe, dachte ich übrigens nicht an Helligkeit und Fröhlichkeit, sondern an die Apokalypse. Tja, man muss wohl noch genauer zuhören…

 

 

Razer

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