Album der Woche: G-Eazy – „Everything’s strange here“

Beim Album der Woche bespricht jeweils ein Mitglied der BACKSPIN Gang das nach unserem Ermessen spannendste neue Rap-Album. Komplett subjektiv, Track by Track und bewertet auf einer Skala von 1-10. Diese Woche bespricht unser Autor Peter mit „Everything’s Strange Here“ das neue Album von G-Eazy.

Künstler: G-Eazy
Titel: Everything’s Strange Here
Features: Kossisko, Ashley Benson
Produzenten: G-Eazy, Cole Man, Jesse Ack, Austin Ward, Rich-T, Marshmello, Pearl Lion, Rvnes, Ambezza, Bailey Lindley, Christoph Andersson, Peter Martin, John Michael, Dakari Gwitira, Dusty Kessler
Label: RCA Records

 

Peters Erwartungshaltung:

Die gegenwärtige Riege großer US-amerikanischer Künstler startete ihre weltweiten Karrieren in meiner Wahrnehmung vor ungefähr einer Dekade: Kendrick Lamar veröffentlichte „Section.80“ 2011, J. Cole tat es ihm mit „Cole World: The Sideline Story“ wenige Wochen später gleich und im selben Winter (November und nicht Oktober um genau zu sein) releaste Drake sein Debütalbum „Take Care“. Diese Künstler zogen vor ungefähr zehn Jahren meine Aufmerksamkeit jenseits des Atlantiks und nachdem ich mich durch diese Diskografien mit Hilfe von YouTube durchgearbeitet hatte –  Spotify sollte erst wenige Monate später auch in Deutschland verfügbar sein – stolperte ich über das Mixtape „Must Be Nice“ von G-Eazy. Der Rapper mit der schneidend hohen Stimme, aufgewachsen in der Bay Area, veröffentlichte alles in Eigenregie und hatte in meiner Wahrnehmung den „Internet Rap“-Stempel. Die Musik fand ich aber auf Anhieb spitze und meine Kumpels kannten das Ganze noch nicht. Jackpot!

Danach beeindruckte mich sein Major-Debüt „These Things Happen“ am meisten. Die Lieder „Opportunity Cost“ und „Been On“ gehören immer noch zu meinen absoluten Favoriten. Trotz seiner verträumten Art, oder wohlmöglich auch genau deswegen, wirkte Geralds Musik immer sehr unbeschwert, um nicht zu sagen harmlos. Die Alben danach wurden düsterer, das Stardarsein – größtenteils durch seinen weltweiten Hit „Me, Myself and I“ – wirkte sich mehr und mehr auf seine Musik aus. Dazu kamen in den letzten Jahren passende Beziehungen, die in die Öffentlichkeit getragen wurden und immer mal wieder der Versuch den nächsten globalen Hit zu landen. Mit „No Limit“ gelang das wohl am meisten. Aber, unter uns G-Eazy, den Macho zu markieren steht dir nicht wirklich. Mehr zu G-Eazy veröffentlichte ich übrigens vor einiger Zeit hier.

Dieses Projekt wurde nun von ihm als emotionale Momentaufnahme angekündigt, die jüngst stark durch #die die Black Lifes Matter Bewegung geprägt wurde.

1. Everybody’s Gotta Learn Sometime

Da schwingt direkt diese theatralische 20er-Jahre Ästhetik mit, die ihn und seine Musik ausmacht. Ansonsten passiert nicht viel, ich zähle nicht mehr als acht verschiedene Verse in drei Minuten.

„Fuck it /
Everything’s strange here“

2. Free Porn Cheap Drugs

Erste Single des Albums. Wir sind als junger, populärer Mann mit den Problemen konfrontiert, dass sich die Erde zu schnell dreht. Bisher mehr Gitarren-Riffs als Bars auf dem Release, die mich überraschen.

3. Back To What You Knew

Die ersten Momente des Instrumentals nutze ich, um nachzulesen, dass auf diesem Projekt mehr gesungen und mit der Stimme experimentiert werden soll als auf seinen bisherigen Veröffentlichungen. Thematisch behandelt er eine Trennung. Läuft ehrlich gesagt an mir vorbei.

4. All The Things You’re Searching For (feat. Kossisko, Ashley Benson)

Der erste und einzige Song mit Gastparts beginnt mit einer Akustikgitarre und die Hook klingt wie aus einem „American Pie“-Soundtrack. Die beiden Features sagen mir übrigens gar nichts, Pardon. Hat für mich bisher das größte Ohrwurmpotential.

5. Stan By Me

Streichen wir den letzten Satz: Das ist der Ohrwurm des Albums, und wurde auch schon als Single ausgekoppelt. Mittlerweile werde ich auf keine 808 mehr warten, wir bleiben bei Gitarren. Schön, dass Stan nach wie vor so in diesem Kontext genutzt werden kann. Produziert wurde der Song unter anderem von Marshmello, erklärt den Ohrwurm.

6. In The Middle

Zieht an mir vorbei. 

7. Nostalgia Cycle

Der Song hält, was der Titel ankündigt. Auch dieser Song erschien schon als Single und zeigt seine musikalischen Stärken in Melancholie und Nostalgie. Gefällt mir gut.

8. Every Night Of The Year

Reduziertes Instrumental, deepe Gedanken, Selbstreflexion.

9. Lazarus

Lazarus ist eine biblische Gestalt, die gerne als Metapher wird für verloren geglaubte Menschen, Schicksale oder Ziele, welche dann doch – unabhängig der geglaubten Aussichtslosigkeit –  erreicht werden, benutzt wird. Es handelt sich um ein Cover des gleichnamigen Songs (2015) von David Bowie.

10. Had enough

Der letzte Song, das Release ist wirklich ungewohnt kurz. Zeitgleich auch noch die jüngste Single. Zeit anzumerken, dass der Großteil der Singles im letzten Drittel des Releases angeordnet ist. Ungewohnt, Deutschrap lehrte mich, dass gefälligst die ersten drei Lieder und das Intro zuerst veröffentlicht werden. Das Instrumental klingt mit Abstand am modernsten, ich bin zurück in meiner Fan-Comfort-Zone. Pünktlich zum Ende des Projektes.

Fazit:

Keine 36 Minuten später ist das jüngste Album von G-Eazy schon um. Kein großes Feuerwerk, allerdings Experimente. Den Titel Projekt trägt „Everything’s Strange Here“ lieber als Album. Nach zweimaligem durchhören fällt es mir schwer, eine vergleichbare Begeisterung für diese Veröffentlichung wie für Young Geralds andere Werke aufzubringen. Aber in fair: Stimmungsvolle Momentaufnahme seiner aktuellen Gefühlslage, dafür weniger für Festivals oder den 16-Jährigen Peter und seine Bluetooth-Box. Schön, dass wir uns verändern. „Nostalgia Cycle“ ist mein Favorit des Release! 6/10

Honorable Mentions: Den Song „Angel Cry“, der vor wenigen Monaten erschien, gefällt mir persönlich am besten aus seiner jüngeren Diskografie, wird aber thematisch nicht auf dieses Release gepasst haben. Seit längerem heißt es auch, dass „These Things Happen 2 / These Things Happen Too“ erscheinen soll, da sprechen wir uns dann wieder.