Sage und schreibe fünf Jahre nach seinem Solodebüt „Romantisches Arschloch“ steht im März 2015 das Release von Suddens zweitem Album „Superkräfte an“. Doch es ist nicht so, als sei der Braunschweiger in den letzten Jahren komplett untätig gewesen. Gemeinsam mit den restlichen Trailerpark Konsorten aka. Alligatoah, Timi Hendrix und DNP kam 2012 das lang ersehnte „Crackstreetboys 2“ Album, das sich nur kurze Zeit später auf dem Index für jugendgefährdende Medien wiederfand. Zwei Jahre später, im Jahre 2014, wagte man das Experiment erneut und präsentierte Rapdeutschland „Crackstreetboys 3“, welches sich bisher wacker ohne Indizierung schlägt.
Sudden, wir sprechen heute über dein anstehendes Soloalbum „Superkräfte“. Dein Solodebüt „Romantisches Arschloch“ erschien 2010.
Heftig, oder? So fünf Jahre? Man muss ja dazu aber auch sagen, dass dazwischen „Crackstreet Boys 2“ und „Crackstreet Boys 3“ kam.
Wann fiel denn die Entscheidung, „Superkräfte“ in Angriff zu nehmen?
Die fiel schon lange vor „CSB3“ und wahrscheinlich sogar schon vor „CSB2“. Ich war schon immer Solokünstler, aber „CSB2“ war ein wichtiges Thema, weil wir da angefangen haben die Band “Trailerpark” zu formen. Wurde dann ja eiskalt indiziert, naja. Dann ging es aber auch direkt schon mit “CSB3” weiter, man muss ja noch eine Schippe drauflegen.
Zwischen Touren und Trailerpark-Alben bleibt vermutlich nicht all zu viel Zeit.
Genau, die Zeit hat einfach gefehlt. Zwischendurch kam noch „Triebwerke“, womit Alligatoah durch die Decke gegangen ist. Danach war es relativ offen, ob wir zuerst „CSB3“ oder
„Superkräfte“ bringen, weil das so ziemlich zeitgleich fertig geworden ist. Wir haben uns dann im Endeffekt für das Trailerpark-Album entschieden, weil das zu dem Zeitpunkt einfach das Sinnvollste war.
In welcher Rolle gehst du denn mehr auf: Als Trailerpark-Member oder als Solokünstler Sudden?
Rolle ist das falsche Wort, weil das so wirkt, als sei ich Schauspieler. Ich stelle keine Rolle dar. Aber bei Trailerpark bin ich eher so, wie du mich jetzt auch gerade erlebst, wie ich hier sitze mit meinem Wodka, gut drauf bin und einfach sehe, was der Tag so bringen wird.
Bei meinem Soloalbum ist es so, dass ich will, dass man mehr persönliches von mir mitbekommt. Man soll einen Blick hinter die Sonnenbrille werfen dürfen und ein bisschen mehr erkennen – das war mir wichtig.
Das ist also der prägnante Unterschied zwischen den beiden Projekten?
Auf jeden Fall: Bei einem Trailerpark-Album hau ich einfach auf die Kacke und bin der Typ, der besoffen Leuten ans Bein pisst und bei einem Sudden-Album lass ich mehr von Steven durchblitzen, der alles preisgibt, was irgendwie in seinem Leben stattfindet. Egal, ob es tiefsinnig ist oder an seinen eigenen Gefühlen zerrt – ich rede gerade wie Money Boy, oder? (lacht).
Was darf man denn thematisch von der Platte erwarten?
Das ist bei „Superkräfte“ schwer zu beschreiben, weil es zwei Seiten hat. Es fängt sehr wild, bunt und lustig mit ziemlich selbstironischen Songs à la „Pokémonkarten“ an. Dann kippt das Album, es bricht stark und wird sehr persönlich und atmosphärischer. Das geht in eine komplett andere Richtung und mir war wichtig, dass es einen harten Bruch gibt, der die Leute aus dieser bunten Welt hinauszerrt. Das passiert mir genau so: Auf Trailerparktour zum Beispiel bist du abgelenkt durch diesen Rockstar-Lifestyle, der ganze Wahnsinn der stattfindet, die Groupies und so weiter und dann kommst du wieder nachhause und sitzt in deinem Musikzimmerchen und merkst, dass das nur eine Phase in deinem Leben ist und du privat vielleicht sehr viel einsamer bist. Die meisten Rapper würden das, glaube ich, gar nicht so thematisieren. Das gehört aber zu mir und wenn ich das nicht machen würde, dann fehlte irgendwas. Man kann sagen das Album beschreibt einen Zeitraum in meinem Leben. Das „zum Held werden“ im Sinne von musikalischen Erfolg und zeitgleich das tiefe Loch das sich im Privatleben aufgetan hat. Wenn du egoistisch bist und deinen Fokus nur auf eine Sache lenkst, kann es passieren das du etwas viel wichtigeres verlierst.
Du wohnst momentan noch in Braunschweig. Kam der Umzug nach Berlin jemals für dich in Frage?
Da habe ich tatsächlich schon oft drüber nachgedacht. Seit mehreren Jahren denke ich darüber nach – selbst, als ich noch regulär gearbeitet habe – man muss dazu sagen: Ja, habe ich gemacht, war scheiße (lacht). Wenn man in Berlin wohnt, fließt einfach alles ineinander. Ich könnte ganz unproblematisch viele Termine wahrnehmen und wäre immer direkt vor Ort. Das Problem an Berlin ist, dass ich hier so viele dufte Leute kenne und dann jeden Tag auf irgendwelchen coolen Backstage-Gästelisten-Parties rumhängen würde. Ich bin anfällig dafür, ich freue mich über sowas! Das würde mich vermutlich komplett aus der Bahn werfen. Ich wohne also allein aus Selbstschutz nicht in Berlin. Wenn ich jetzt zurück nach Braunschweig komme, flüchte ich nachhause und habe da meine Ruhe. Für mich existiert immerhin noch eine kleine Grenze zwischen dem Showbusiness und dem Privatleben und es ist wirklich gut, wenn man das hat.
Lass uns mal über deine Features sprechen. Alligatoah, RAF und die Sängerin Sina Soemer sind mit dabei.
RAF kenne ich schon eine ganze Weile: Trailerpark und RAF Camora waren mal beide Vorgruppe für K.I.Z. Da habe ich ihn kennengelernt und wir haben sehr schnell gemerkt, dass wir ähnliche Ansichten haben und uns einfach sehr gut verstehen. Seitdem war klar, dass wir mal einen Song machen müssen. Es war nicht so, dass ich dachte, ich mache jetzt „Superkräfte“ und RAF muss da unbedingt drauf, sondern eher so, dass der Beat wie die Faust aufs Auge gepasst hat und die Zeit endlich reif war. Der Song konnte sozusagen nur durch RAF komplettiert werden. Ist ein wirklich schönes Lied geworden, auf das ich stolz sein darf.
Zu Sina Soemer habe ich eine gute Geschichte: Nach „Romantisches Arschloch“ wusste ich schon, dass ich danach auf jeden Fall etwas mit weiblichem Gesang machen möchte. So Zusammenarbeiten wie Eminem mit Rihanna zum Beispiel habe ich immer gefeiert. Das klingt jetzt so nach Popschwuchtel, aber ich fand das halt geil. Sorry! Ich habe wie verrückt Youtube abgesucht, wollte aber keine Sängerin, die schon voll im Spotlight steht. Ich wollte der Entdecker sein – quasi der Dieter Bohlen des Raps. Irgendwann bin ich dann auf Sina gestoßen und hatte gleich im Urin das das passt. Ich habe sie direkt angeschrieben und gehofft sie feiert meine Musik. Ich glaube ich habe ihr damals meinen Song „Monster“ geschickt. Seit 2011 sind wir mittlerweile befreundet und 2014 haben wir dann endlich die Songs aufgenommen. Sie ist auf jeden Fall zu einer wichtigen Begleitperson des Albums geworden. Unter anderem ist sie auch die Stimme von Dörte Müller. Liebe dafür! Normalerweise wäre natürlich auch ein Feature mit meiner kompletten Band „Trailerpark“ angebracht gewesen. Crackstreet Boys 3 ist aber noch so aktuell, da hab ich mir nur das Goldkehlchen Alligatoah geschnappt und ihn gezwungen zu singen.
Und wer genau ist eigentlich Dörte Müller?
Dörte Müller ist ein abgedrehtes Fangirl, das total verliebt in mich ist und alles kopiert, was ich cool finde um meine Aufmerksamkeit zu bekommen.
Steckt dahinter denn eine wahre Geschichte?
Teilweise schon. Mittlerweile gibt es ernsthaft krankhafte Groupiefans, sonst würde ich davon nicht berichten wollen. Dörte Müller ist aber schon ein Extremfall. Ich sitze noch hier und wurde noch nicht abgestochen, aber ich gehe davon aus, dass es bald passieren wird.
Ja, ich verfolge das oft auf Twitter.
Das ist richtig sweet, oder?
Nach dem Release wirst du mit der Platte auf Tour gehen. Du hast den Support für Bandkollege Alligatoah auf dessen Tour übernommen – wer wird dich denn begleiten?
(Flüstert): Das darf man nicht sagen. Das ist ein Geheimnis.
Da werden Pläne geschmiedet. Ich wollte dich hiermit fragen, ob du das vielleicht machen möchtest.
Da muss ich dich leider enttäuschen. Ich kann weder gut rappen, noch ein Instrument spielen. Gibt es wirklich noch niemanden?
Bisweilen ist kein Support bekannt, aber es wird auf jeden Fall ein überkrasser, sexy Ficker sein. Vielleicht sogar Miley Cyrus!
Wir lassen uns überraschen. Lass uns abschließend noch einmal klären, was deine geheime Superkraft ist.
Wenn ich ganz ehrlich bin, kann ich auf jeden Fall sehr gut zu spät zu Interviews kommen, wie man heute bemerkt hat – Applaus an dieser Stelle. Das ist meine erste Superkaft und ich kann sehr gut Pfannkuchen machen. Wenn wir jetzt einen One Night Stand hätten – egal, wie schlecht ich in der Nacht gewesen wäre, am nächsten Morgen würde ich Pfannkuchen machen und du wärst auf jeden Fall Feuer und Flamme.
Ich bin mir sicher. Danke für das Interview – deine letzten Worte an die BACKSPIN-Leser?
Ich habe heute viel erlebt: Ich war mit der Eisenbahn unterwegs, das war aufregend ohne Ende, jetzt bin ich hier bei BACKSPIN und ich krieg mich kaum ein, dass ich hier über mein Album „Superkräfte“ reden darf. Wenn ich es in einem Wort beschreiben müsste, würde ich sagen: Geil. Wenn ich es in zwei Worten beschreiben müsste, würde ich sagen: Feine Kiste. „Superkräfte“ – eine Perle der Natur, kauft euch das oder hört wenigstens rein, das kennt man noch nicht, das geht unter die Haut und das fickt einfach richtig krass Mütter.
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