BACKSPIN Class: Die wichtigsten Newcomer 2020

Hallo, 2020! Ein neues Jahr ist da, eine neue Dekade hat begonnen. Zeit, die Bestenlisten und Jahresrückblicke hinter sich zu lassen und in die Zukunft zu blicken. Wie jedes Jahr, präsentieren wir auch 2020 unsere BACKSPIN Class (s/o XXL) – zehn Newcomer, auf die Du dieses Jahr ein Auge werfen solltest. Zehn Künstler*innen, die unserer Meinung nach mehr Aufmerksamkeit verdient haben. Zehn Künstler*innen, denen wir dieses Jahr zutrauen, ihre Karriere auf ein neues Level zu bringen.

Lugatti & 9ine

Lugatti und 9ine sind die großen Sympathieträger im deutschen Untergrund. Seit 2017 erspielen sie sich mit modernem Punchlinerap mehr und mehr Hörer. Damals erschien mit „Man kennt sich“ eine Mini-EP mit zwei Tracks, mittlerweile wurde eine Trilogie daraus, die mit „Man kennt sich 3.1“ auch schon einen weiteren Sequel bekommen hat. Der Name ist ebenfalls Programm. Seit ihrem Start haben die Kölner eine beachtliche Featureliste von Jace über Veedel Kaztro bis hin zu Longus Mongus von BHZ, mit denen die beiden ohnehin eng verbandelt sind. Im Winter 2019 begleiteten sie OG Keemo und Funkvater Frank auf Nebel“-Tour. Man kennt sich, man kennt Lugatti & 9ine. Damit bringen sie die bislang etwas unscheinbare Rap-Stadt Köln ebenfalls mehr auf die Karte.

Musikalisch muss man sagen, dass sie nicht das Rad neu erfinden. Ihr Sound, der zu großen Teilen von Traya kommt, klingt immer gut. Reiht sich aber auch nahtlos in vieles ein, was sich aktuell im Untergrund zusammenbraut. Was die beiden jedoch in besonderer Weise auszeichnet ist ihr Charisma. Die Strassenattitüde, gepaart mit viel Humor und dem Herz am rechten Fleck, steckt einfach an und macht Spaß. Es ist kein Wunder, dass Lugatti bereits seine eigene Meme-Seite auf Instagram hat oder es ein Profil gibt, welches seine besten Stories dokumentiert. Auch auf ihren Tracks findet sich regelmäßig pures Gold wie hier auf „Feiertag“:

Scheiß auf Kippen ich rauch Gras / Zu viel Tabak im Joint schmeckt immer unnormal nach Arsch“ – Lugatti auf „Feiertag

Ihre Liebe zur grünen Pflanze spielt ohnehin eine große Rolle. So überrascht es auch nicht, dass bisher die einzigen interviewartigen Situationen zum einen die Hotbox und zum anderen das Format Paff Paff Pass waren. Dementsprechend wenig ist über sie bekannt. Doch alles, was man weiß und was bisher passierte, lässt auf eine vielversprechende Zukunft schließen. Wir hoffen auf das große Debütalbum dieses Jahr.

Badmómzjay

Die ewigen Vergleiche zwischen deutschen Künstlern und Künstlerinnen und ihren vermeintlichen amerikanischen Pendants sind ja so ’ne Sache. Im Fall von Badmómzjay muss man aber sagen: Sie spielt wirklich sehr stark damit. Sie, die 17-jährige Badmómzjay aus Berlin, gibt sich bemerkenswert viel Mühe dabei, wie die ‚deutsche Bhad Babie‘ zu wirken. Dafür sprechen sowohl die roten Haare, ihre Musik sowie ihr ganzes Auftreten bei Instagram. Dort war es auch, wo man sie zum ersten Mal wahrgenommen hat. Seit 2018 postete sie regelmäßig kleine Clips, in denen sie auf bekannte Instrumentals rappt. Ihr Markenzeichen: Ein enormes Selbstvertrauen und das konstante Switchen zwischen Deutsch und Englisch:

Internet-Clown, doch im Reallife bist du still / You don’t know me and don’t like me, that’s a very special skill” – Badmómzjay auf “Zirkus

Das beeindruckte auch den Schweizer Rapper Monet 192, der sie auf „Papi“ gefeatured hat und damit für ihr erstes offizielles Release und ihr erstes Musikvideo sorgte. Mittlerweile ist sie beim Major untergekommen und hat mit „24/7“ und „Zirkus“ bereits zwei Solosongs veröffentlicht, mit letzterem auch ihr erstes eigenes Video als Solokünstlerin. Im Track wird die bekannte Zirkusmelodie „Einzug der Gladiatoren“ gesamplet und die Berlinerin inszeniert sich als die Direktorin, die den Deutschrap-Zirkus im Griff hat. Badmómzjay erweckt den Eindruck, als hätte sie 17 Jahre darauf gewartet, endlich entdeckt zu werden. Ihre Performance, die Delivery sowie ihr selbstbewusstes Auftreten versprühen schon jetzt die Superstar-Vibes ihrer Vorbilder. Keine Hemmungen, kein unsicheres Zögern, sofort Vollgas. Wer in so jungen Jahren schon solche Welle macht, hat es definitiv verdient, dass man ihn im Auge behält. Möglicherweise sehen wir hier die Anfänge eines Superstars. 

Yung Kafa & Kücük Efendi

Yung Kafa und Kücük Efendi sind ein Duo, das es eigentlich gar nicht gibt. Zumindest wissen wir nichts über ihre (reale) Existenz. Die beiden Brüder inszenieren sich als perfekt gestylte Comic-Figuren mit verpixelten Gesichtern. In ihrem eigens kreierten Universum sieht man sie meist auf Reisen. Die virtuellen Avatare präsentieren sich als beispiellos – ja, fast schon absurd – dekadente Hedonisten, die in Luxuskarossen die Welt bereisen, in den teuersten Hotels residieren, in Pariser Cafés sitzen und eine Boutique nach der anderen ansteuern. Soundtechnisch sind sie wohl das Futuristischste, was deutschsprachiger Rap aktuell zu bieten hat. Mit meist maximal verfremdeter Kopfstimme gleiten sie über atmosphärische, hallende Instrumentals und berichten über das Dolce Vita. Der erste größere Erfolg der beiden war ihr Song „Diamonds“, der nach seinem Erscheinen im Spätsommer 2017 stetig an Aufmerksamkeit gewann und schließlich im Winter 2018 neu verfilmt und veröffentlicht wurde. Doch gerade, wenn man denkt, das Phänomen Kafa und Efendi durchschaut zu haben als kosmopolitische Lebemänner, welche sich am guten Leben erfreuen und nur für Oberflächliches begeistern lassen, erkennt man auf den zweiten Blick eine ungeahnte Tiefe.

Die selbst erschaffene Realität der beiden ist durchzogen mit Referenzen an Pop- und Hochkultur. Ein stets wiederkehrendes Motiv ist z.B. der surrealistische Maler Salvador Dalí („Die Beständigkeit der Erinnerung“), auf dessen Werke immer wieder Bezug genommen wird. Aber auch in der Musik kommt es sehr bedacht zu harten Brüchen, die plötzlich eine menschliche, verletzliche Seite der digitalen Stars erkennen lassen:

Kauf ’n roten Rarri, fahr‘ ihn einfach an die Wand / Laut meinem Psychologen macht mich Money geisteskrank“ – Yung Kafa auf „Im Café

Über die menschliche Seite der beiden gibt es sonst nicht viel zu berichten. Man weiß, dass sie Brüder sind und eine Titelstory im Kulturmagazin Das Wetter zeichnet ein Bild der beiden, das darauf schließen ließe, dass ihre Texte viel authentischer sind als man vielleicht denken könnte. Dort ist von Kafas Modelvergangenheit in Paris die Rede, von maßgeschneiderten Anzügen, Einladungen zu Kunstausstellungen und einem Jet-Set-Leben, das sich hauptsächlich in Hotels abspielt. Der Wahrheitsgehalt des Textes lässt sich aber durchaus in Frage stellen, ist er doch geschmückt mit literarischen Referenzen und einem offenen Ende, ob das ganze Treffen je wirklich stattgefunden hat. Yung Kafa und Kücük Efendi verwischen gekonnt ihre Spuren – alles ist Inszenierung, alles ist Pose. Und alles ist so wahnsinnig spannend zu beobachten.

Rapkreation

Was die Anzahl der Rapper angeht, sind sie ein Duo. Als Crew jedoch ein Trio: Rapkreation. Die Kreuzberger, bestehend aus zwei Rappern und einem Manager/Mastermind/Executive, formen 2020 eine der spannendsten Crews im Deutschrap-Untergrund. Die Drei sind Kindheitsfreunde, aufgewachsen in Berlin, wo sie früh mit Hip-Hop, speziell mit Graffiti in Berührung kamen. Diese Wurzel ist auch heute noch sehr präsent in ihrer Kunst, ohne dass sie nur über das Benutzen von Cans oder das Anfertigen von Blackbook-Skizzen rappen. Nein, bei Rapkreation fließt alles, was sie umgibt, mit in ihre Kunst ein. So kommt es auch, dass sich auf der EP-Trilogie „RK.EP“ alle denkbaren Soundeinflüsse finden lassen, sei es Grime, Dancehall bis hin zu Techno. Man hat sich ausprobiert. Getan, wonach einem war und sich nicht vor irgendetwas aus Prinzip verschlossen. All diese Erfahrungen und die persönliche Geschichte der Jungs als Crew lieferten den Grundstein für das Debütalbum. „Obskur“ erschien im Dezember letzten Jahres. Ein dichtes, düsteres und dunkles Album. Die großen Experimente blieben aus, auch auf stumpfe Representer wurde weitestgehend verzichtet. Auf einem stringenten Soundbild von BHZ-Mitglied und Produzent Motb werden viel mehr Geschichten erzählt. Geschichten über das Rapkreation-Universum, mit Kreuzberg als Mittelpunkt. 2019 hat bei den Jungs mehr als nur den Grundstein für eine glorreiche Zukunft gelegt. Wir erwarten Großes für 2020.

Keke

Bei Keke ging plötzlich alles ganz schnell. Eigentlich ist sie gelernte Jazz-Sängerin und hat früher auch in einer Band gesungen. Zum Rap findet sie mehr durch Zufall, nämlich in Form des Produzenten Shawn The Savage Kid. Als sie ihn kennenlernt, entsteht aus einer Laune und einer Schnapsidee heraus plötzlich eine Karriere als Rapperin. Schon ihr erster Track „Donna Selvaggia“ (dt. Wilde Frau) brachte der Österreicherin einiges an Aufmerksamkeit ein. Ein paar Singles und eine EP später ist Keke das, was man einen Kritikerliebling nennt. Egal ob Künstler*innen, Medien oder Leute aus der Musikindustrie – alle feiern sie. So kommt es auch, dass die 24-Jährige 2019 gleich auf zwei der meist erwarteten und meist besprochenen Alben des Jahres als Feature zu hören war. Zum einen bei Trettmann, zum anderen bei Kummer, der sie anschließend auch mit auf Tour nahm.

Die Geschichte, wie sie zum Rappen kam, nämlich so ganz ohne klassische Rap-Sozialisation lässt einen ja fast vermuten, dass Rap bzw. Sprechgesang für sie nicht mehr als nur eine alternative Ausdrucksform zum Singen ist und wenig mit der „Kultur“ gemein hat, von der alle immer reden. Doch wer so denkt, der irrt. Kekes Texte drehen sich um Selbstermächtigung, um den selbstbestimmten und selbstbewussten Umgang mit der eigenen Lebensrealität und den eigenen Schwächen. Aus den eigenen Möglichkeiten das Beste machen und letztlich zu tun und zu lassen, was man will. Besonders für ihre weiblichen Fans nimmt sie dabei eine Vorbildfunktion ein. Sie propagiert, wo es nur geht, dass Frauen alles dürfen, was ihnen in den Sinn kommt. Keine Regeln, sondern Selbstbestimmung und grenzenlose Freiheit. Wenn das nicht Hip-Hop ist, was dann?

Klapse Mane

Schon im letzten Jahr hatten wir in Form von Big Toe und Skinny Finsta Hutmacher Entertainment gleich zwei Mal vertreten. Auch in diesem Jahr ist es unmöglich an ihnen vorbeizukommen, besonders an Klapse Mane. Sein Umfeld verrät natürlich, was man von ihm erwarten kann: düsteren Memphis-Rap. Und Klapse ist der Allerdüsterste. Mit „Auf Schleife“ ist ihm bereits ein kleiner Hit gelungen. Der Song wie auch das gleichnamige Album des Berliners stellt den bisherigen qualitativen Peak der deutschen Memphis-Welle dar. Zu fesselnd ist seine offen zur Schau gestellte innere Zerrissenheit, zu viel Flavour versprühen die oft selbst produzierten Instrumentals. Er wirkt stets irgendwo zwischen angsteinflößendem Psycho, ambivalentem Antihelden und manchmal auch einfach nur wie eine ziemlich arme Sau, der man wieder auf die Beine helfen möchte. Doch egal in welchem Mood er sich präsentiert, man kauft es ihm ab. Bei Klapse Mane gibt es keine Maskerade oder ein Flüchten in Ironie oder komplett überdrehte Überzeichnung. Er wirkt echt.

Trink literweise, literweise / Und mach mich wieder rabendicht / Bring Stimmen in meinem Kopf zum Schweigen / Denn nur so ertrag ich mich“ – Klapse Mane auf „Auf Schleife“

Klapse macht Musik, um nachts U-Bahn zu fahren oder betrunken nach Hause zu stolpern. Seine Welt dreht sich um verschrobene Charaktere, die eigenen Dämonen im Kopf, das exzessive Betäuben der eigenen Dämonen sowie unangenehm pointierte Beobachtungen der Welt, die ihn umgibt. Besonders interessant wird es auch dann, wenn mit dem eben Beschriebenen gebrochen wird. Wie auf dem Song „Hand in Hand“. Dort hört man ihn plötzlich singen und wie er mit der gleichen Ernsthaftigkeit fast schon kitschig um die Verflossene trauert, um dann in den Parts wieder genauso abgefucked und kalt über den Griff zu den Drogen als Heilsbringer zu rappen. Wer so viele Brüche in sich trägt, hat viel zu erzählen. Und wir wollen alle Geschichten davon hören.

Pashanim

Pashanim ist ein junger Berliner Rapper. Jung nicht nur, weil er Jahrgang 2000 ist, sondern auch, weil man von und zu ihm kaum etwas findet. Offiziell releast hat er zwei Singles, wer auf Youtube und Soundcloud diggt, kommt auf insgesamt sieben. Doch die beiden Tracks haben es in sich. „Shababs botten“ war mit großer Wahrscheinlichkeit der Untergrundhit 2019. Über zehn Millionen Streams auf Spotify, knapp fünf Millionen Klicks auf Youtube (Stand: Februar 2020). Auf dem Beat von Forrest Gump“ von Krimelife Ca$$ und ABG Neal sorgt Pasha in 95 Sekunden für einen Ohrwurm, dem man sich nur schwer entziehen kann. Mit unkonventioneller Songstruktur (18 Bars + Hook), markanter Stimme und Laid Back-Flow gibt er kleinen Einblick in seinen Kreuzberger Alltag: Tilidin an Thilo Sarrazins Sohn verkaufen, Cornern und in Air Max vor der Polizei flüchten. Der direkte Nachfolger, „Hauseingang“, zeigte eine neue Seite des Berliners. Auf einem atmosphärischen Stickle-Beat schlug Pashanim nachdenklichere Töne an:

Alte Liebe in mei’m Traum, neue Liebe in mein’n Armen“ – Pashanim auf „Hauseingang“

Wenn er nicht rappt, ist er unter seinem bürgerlichen Namen als Videoproduzent unterwegs und war schon an Videos von Casper oder Juju beteiligt. Sein Auge für das Visuelle zeigt sich auch bei einer genaueren Betrachtung seines Instagram-Profils. Dort verfolgt er eine klare Vision und Ästhetik. Es gibt wenig spontane Schnappschüsse oder ausufernde Captions. Meist findet sich dort eine Ankündigung für neue Musik oder eine direkte Referenz zu seinen eigenen Songs. Immer wieder erscheinen kurze, super ästhetische Video-Collagen, bestehend aus eigenen Aufnahmen und Filmausschnitten, unterlegt mit französischem Rap. Dort setzt er sich und seine Crew, die Playboysmafia, bestehend aus ihm, Symba und RB 030 perfekt in Szene. RB 030 ist gemeinsam mit Pasha für die Videos zuständig. Symba macht ebenfalls Musik und hatte mit „PS 2“ auch schon einen ersten Untergrundhit. Er ist ebenfalls jemand, den man auf dem Schirm behalten sollte. Playboysmafia sind am Start, mit Pasha als Shooting-Star. Pashanim weiß schon jetzt, wie er wirkt und wirken will – rar und mit einem gewissen Mythos umgeben. Mit dieser Attitüde und dem Major-Deal in der Tasche steht einem noch glorreicheren 2020 nichts im Wege.

Hava

Bei der 21-jährigen Dilara Hava Tunç, bekannt als Hava, ging es von Null auf Hundert. Erste Aufmerksamkeit erlangte sie durch Instavideos, in denen sie bekannte Lieder coverte. Dann führte eins zum anderen, das andere schließlich zum Major-Deal. Sie selbst sieht sich mehr als Sängerin statt als Rapperin. Ihr Sound, Look und gesamte Präsenz kommt aber mit starker Hip-Hop-Attitüde daher – R’n’B eben. Schon ihre erste Single „Heartbreaker“ sammelte Klicks und Streams in Millionenhöhe. Ihr bislang größter Hit ist ihre zweite Single „Korb“. Mit Superstar-Optik und im Bulls-Jersey rechnet sie mit alten Freunden und neuen Feinden ab. Hava wirkt in ihrer Musik, ihrer Performance und allem, was sie nach außen verkörpert, schon jetzt so sicher und abgeklärt. Jeder Song ist bislang ein Treffer, jedes Video fügt sich perfekt ins Gesamtbild ein. Es scheint, als wisse sie genau, wer sie sein will und was sie tun muss, um so zu wirken, wie sie wirken will. 

Das blieb in der Rapszene natürlich nicht unbeachtet. Im Gegenteil, Hava bekam Props von überall – egal ob Juju, Eunique oder KC Rebell. Nimo sicherte sie sich sogar bereits als Featuregast. Ihr gemeinsamer Song „Kein Schlaf“ wurde zur Videosingle seines aktuellen Albums. Das Video steht aktuell bei 16 Millionen Klicks, auf Spotify ist er längst jenseits der 25 Millionen (Stand Januar 2020). In den Singlecharts schaffte es „Kein Schlaf“ auch prompt an die Spitze. Zu solchen Kollaborationen wird es in Zukunft sicher noch öfter kommen, nachdem man nun weiß, wie sehr sie einen Song aufwertet. Havas Bekanntheitsgrad, ihre Zahlen und die Erwartungen an sie steigen. Wir sind gespannt, wo die Reise dieses Jahr noch hingehen wird. Wir vermuten: Immer weiter bergauf. 

Majan

Der 20-Jährige, der auf den ersten Blick wirkt, wie ein unscheinbarer Wuschelkopf im ersten Semester, ist in Wahrheit eines der größten und vielversprechendsten Talente in Deutschland. Majan aus Schorndorf bei Stuttgart erreichte erste größere Aufmerksamkeit durch die Zusammenarbeit mit Cro auf „1975“.  Der Song, vollgepackt mit Querverweisen zu George Benson über Mary J. Blige bis Tupac war zuerst ein Solosong von Majan. Auf gut Glück schickte er den Track an Truworks Records und prompt kam es zur Zusammenarbeit. Darauf folgten weitere Singles, diesmal solo, und unter anderem auch sein wohl größter Solo-Erfolg „Tag ein Tag aus“. Eine Ode an das Leben als Tunichtgut, der in den Tag hinein lebt. Abgesehen davon, dass der Track so wahnsinnig catchy und schön zu hören ist, sind auch hier die Referenzen und Querverweise besonders interessant. Denn während Majan hier einen Hit aus dem Arm schüttelt und vor sich hin trällert, bezieht er sich auf Nas und MF Doom. Ein erstes Anzeichen dafür, wie viel Hip-Hop hinter der poppigen Fassade steckt.

Denn Majan genoss keine klassische Hip-Hop-Sozialisation, zumindest nicht sofort. Mit acht Jahren beginnt er Schlagzeug zu spielen, wenig später tauscht er es gegen das Klavier. Als Soundtrack seiner Jugend nennt er 2000er Pop-Rock, wie man ihn aus Teenie-Filmen dieser Zeit kennt. Mit 16 begann das Rappen. Mit seinen Kumpels chillte er wann immer es ging in der elterlichen Garage, wo sie zum Spaß anfingen, zu cyphern. Heute verkörpert er alles in einem. Wer sich durch Youtube klickt, findet teilweise unglaubliche Schätze. Zum Beispiel seine Interpretation von „Bitch don’t kill my Vibe“ am Klavier. Majan ist die Art Künstler, der mit seiner Musik schnell aus dem Rap-Kosmos hinauswachsen wird, wenn er das nicht schon längst ist. Man hat ihn schon am Klavier sitzend auf der Bühne in irgendeinem Stadion vor Augen. In 30 Jahren vielleicht. Dieses Jahr freuen wir uns erstmal auf sein Debütalbum „Oh Boi“.

Ramo

Bei einer solchen Liste geht es natürlich auch darum, möglichst alle Facetten von deutschsprachigem Rap abzudecken. Unser Kandidat für kompromisslos brachialen Straßenrap ist Ramo. Der 26-Jährige bringt alles mit, was es braucht, um als Straßenrapper zu überzeugen. Er versprüht ein gewisses Charisma, hat viel Energie und Hunger in der Stimme und ganz wichtig: Ramo macht keine Kompromisse. Einfach harter Straßenrap, schön plump auf die Fresse. Im Februar wurde der Offenbacher als erstes Signing von Massiv auf dessen Label Qualität’er bekanntgegeben. Seitdem droppt er ohne Pause neue Singles, probiert sich auf verschiedenen Stilen aus und arbeitet bereits mit den ganz Großen seiner Zunft. Neben seinem Labelchef Massiv, sicherte sich auch PA Sports schon einen Part von Ramo. Im November letzten Jahres folgte dann die Krönung. Ein gemeinsamer Song mit Haftbefehl. Wegen seiner Herkunft und seiner musikalischen Kerbe, muss sich der Offenbacher auch regelmäßig Vergleiche mit dem Babo gefallen lassen. Doch er zerbricht nicht daran, im Gegenteil. Sido z.B. sieht in ihm einen Kandidaten, der die Legacy von Haft als Straßenrap-Oberhaupt antreten könne. Laut Massiv soll sich auch Specter, das kreative Mastermind von Aggro Berlin, schon lobend zu ihm geäußert haben. Er habe seit dem Start von Haft nie wieder ein solches Gefühl gehabt wie bei Ramo. Wir sind gespannt, ob sie Recht behalten werden und hoffen auf ein aussagekräftiges Debütalbum 2020.