Booba „D.U.C“

booba-duc-cover-505Fast ein ganzes Jahr ist es her, dass der MC mit seiner Singleauskopplung „OKLM“ die Fans aufhorchen ließ. Nun liegt seit dem 13. April das Studioalbum „D.U.C“ des französischen Rappers Booba in den Plattenläden rund um den Globus aus. Allein ein Blick auf die Statistiken lässt uns erahnen, wie viel Erfolg Booba mit seinem neuesten Tape bereits eingeheimst hat: Sowohl in seinem Heimatland als auch im wallonischen Belgien sprang er aus dem Stand auf 1. „OKLM“ stieg auf 1. Die Singleauskopplung „3G“ stieg auf 1. An Letzterer war der deutsche Produzent Xplosive als Taktgeber maßgeblich beteiligt. Insgesamt steuerte der Musiker, der beispielsweise mit Bushido und Azad zusammenarbeitete, ganze vier Synth-Bretter bei. Mal sehen, was der D.U.C, der Duc de Bologne, auf seinem siebentem Streich alles zu bieten hat.

Die Atmophäre auf „D.U.C“ ist sehr homogen. Booba vermittelt unmissverständlich seine Sicht auf die Straße, seinen musikalischen Geschmack, den Zustand seines inneren Seelenlebens. Abgesehen von den Auskopplungen (mit Namen „OKLM“, „Billets Violets“, „Tony Sosa“, „LVMH“), denen allen der Charme einer Pflichtsingle innewohnt, verbergen sich weitaus interessantere Geheimtipps auf dem Longplayer. Experimentell ist beispielsweise„G-Love“ feat. Farruko, das durch seine Reggaeton-Drums gemischt auf erdigen Synth-Akkorden auf 2 und 4 die Erinnerung an Jamaika und die Lust auf Joints weckt. Der Beat von Xplosive, „3G“, erfüllt alle Standards, die ein Trap-Beat heutzutage haben muss: Ein Synth-Brass-Sound als Synkope auf die 1, 808 Drums mit einem Spiel zwischen 16tel und 32tel Hats, elektronische Drops zur Einleitung der Hook, dazu im Hintergrund psychedelische Brassläufe, die den Hörer unmittelbare Gefahr wittern lassen. Souverän. Der minimalistische Sound auf „Temps mort 2.0“ überzeugt mit einem auf- und abgehenden Glockenlauf. Boobas erbarmungsloses Abgespitte macht die französische Banlieue-Atmosphäre perfekt. Als Einheit betrachtet stellt „Temps Mort 2.0“ für mich den Geheimfavoriten des Albums.

Anstatt übertextliche Zusammenhänge zu schaffen, wirken viele der Lines wie rohe, alleinstehende Kommentare über die Straße. Die Kunstpausen die er zuhauf einlegt, verschaffen seinem Rap eine Art von Absolutheit. Booba verwendet darüber hinaus in nahezu jedem Track Autotune, was das Album zugegebenermaßen fader und eintöniger erscheinen lässt, als es eigentlich musikalisch konzipiert ist. Auch wenn sich noch immer hartnäckige Fanbases des Autotune finden, ist der Voicecoder-Effekt bei zahlreichen Heads wieder aus der Mode gekommen. Somit spaltet Booba gewaltsam seine Hörer. Leute werden dieses Album frenetisch feiern, Leute werden dieses Album abgrundtief hassen.

Der mittlerweile in Miami wohnhafte MC manifestiert mit „D.U.C“ ohne Zweifel seinen Status als einer der international gefragtesten MCs; er wurde sogar als potentieller Feature-Gast auf Haftis Russisch Roulette gehandelt. Der avantgardistische Stil des Albums vereint stark melodische Trap-Beats mit abgehackten, variablen Flows und sichert ihm den Respekt seiner Wahlheimat, indem es sich dem aktuellen Geschmack der Amerikaner ideal angleicht. Unter diesem Aspekt hätte Booba sicherlich innovativer sein können und eigene unverkennbare Charakteristika musikalisch besser definieren müssen. In Deutschland dürfte die knapp über eine Stunde währende Ode an das Autotune, abgesehen von Fans erster Stunde, verhältnismäßig auf taube Ohren stoßen.

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Seit 2014 Album-Kritiker an Bord der BACKSPIN, angeheuert als Reinkarnation Marcel Reich-Ranickis: „Ich kann nicht anders, ich muss einfach nörgeln“.
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