Back in The Days: Tha Alkaholiks (aus BACKSPIN MAG #116)

In den Jahren 1992 und 1993, als Dr. Dre und Snoop Dogg mit ihrem G-Funk die Hip-Hop-Welt dominieren, erscheint zeitgleich eine neue Westcoast-Generation auf der Bildfläche, die gern als Gegenentwurf zum vorherrschenden Gangsta-Rap gehandelt wird. Zu ihren Vertretern zählt neben den Hieroglyphics, Freestyle Fellowship und The Pharcyde die Gruppe Tha Alkaholiks, bestehend aus dem DJ, Produzenten und Gelegenheitsrapper E-Swift (Eric Brooks) sowie den MCs Tash (Rico Smith) und J-Ro (James Robinson). Ihre Geschichte zeigt jedoch, dass die beliebte Aufteilung der Westcoast-Szene in Gangsta-Rap und True- School-Hip-Hop so einfach nicht ist. Während aus dem Umfeld der Gruppe später so unterschiedliche Künstler wie Madlib und Xzibit hervorgehen, ist mit King Tee einer der Pioniere des Westcoast-Rap ihr Mentor.

MITTE DER 1980ER-JAHRE bildet J-Ro unter anderem mit King Tee sowie DJ Pooh die Gruppe Total Control und bestreitet Shows im Vorprogramm von Ice-T. Außerdem taucht er 1987 in den Credits der zweiten King-Tee-Single „The Coolest“ auf. Auf deren B-Seite „Ya Better Bring a Gun“ wird J-Ro, der eigentlich aus der Nachbarschaft Pacoima stammt, als Mitglied der Compton Posse um Mix Master Spade geführt. Als King Tee seine Solokarriere vorantreibt und einen Plattendeal bei Capitol Records unterschreibt, macht sich J-Ro auf die Suche nach einem DJ, mit dem er Demos aufnehmen kann. Ein Freund stellt ihm E-Swift vor, über den er wiederum Tash kennenlernt. Beide hat es zuvor von Ohio nach Los Angeles verschlagen. Zwischen den dreien entwickelt sich schnell eine Freundschaft – neben Hip-Hop teilen sie die Leidenschaft fürs Feiern von ausgiebigen Partys.

1990 wird E-Swift von King Tee als DJ für dessen zweites Album „At Your Own Risk“ verpflichtet. Auf dem von ihm zusammen mit DJ Pooh produzierten DJ-TrackE Get Swift“ präsentiert er sich zudem mit einem kurzen Rap-Part. Im Jahr darauf nehmen E-Swift, Tash und J-Ro unter dem Namen E.S.P. (Everyday Street Poets) ein Demotape mit Features von Künstlern wie MC Eight und Threat auf.

King Tee verpasst dem Trio schließlich den Namen Tha Alkaholiks und platziert seine Schützlinge 1992 auf den Singles „Bus Dat Ass“ und „Got It Bad Y’all“ seines dritten Werks „Tha Triflin’ Album“. Die eindrucksvollen Gastauftritte bescheren der Gruppe einen Deal beim noch jungen Label Loud Records, das ungefähr zeitgleich auch den Wu-Tang Clan unter Vertrag nimmt.

1993 erscheint das Debütalbum „21 & Over“, das mit zehn Songs und einer Spielzeit von 36 Minuten kurz, aber auch kurzweilig ausfällt. Tash und J-Ro beschränken sich weitestgehend auf ihre Lieblingsthemen Alkohol, Party und Frauen, tun dies aber mit sehr hohem Spaßfaktor sowie unbestreitbaren Skills. Darüber hinaus zeigt sich E-Swift mit seinem Mix aus Eastcoast-Boom-Bap und Westcoast-Funk als respektabler Produzent. Das Album bringt drei Singles hervor: den bis heute beliebten Partysong „Make Room“ sowie „Likwit“ mit King Tee und „Mary Jane“, produziert von Madlib. Dieser sorgt zudem für den Albumsong „Turn tha Party Out“, auf dem seine Gruppe Lootpack erstmals zu hören ist. Sie bildet zusammen mit King Tee und den Alkaholiks den Kern der Likwit Crew.

King Tees viertes Album „IV Life“ präsentiert 1994 ein neues Crew-Mitglied: Auf der Single „Free Style Ghetto“ feiert Xzibit an der Seite von Tash und J-Ro sein Debüt.

Im Jahr darauf veröffentlichen die Alkaholiks ihr zweites Werk „Coast II Coast“, das nahtlos an die Klasse des Vorgängers anknüpft. Während die erste Single „DAAAM!“ ein für die Gruppe typischer Partysong ist, fällt die Produktion des Albums insgesamt jazziger aus. Neben den üblichen verdächtigen King Tee, Lootpack und Xzibit sind zwei prominente New Yorker als Gäste vertreten: Diamond D auf der zweiten Single „The Next Level“, die er ebenso wie den starken Albumsong „Let It Out“ produziert, sowie Q-Tip auf „All the Way Live“. Dieser Song featuret ursprünglich Erick Sermon, jedoch verwenden die Alkaholiks dessen Part nicht, da der „Green-Eyed Bandit“ ihn bereits an anderer Stelle benutzt hat. Den Titelsong „Coast II Coast“ findet man kurioserweise ausschließlich auf dem im selben Jahr erscheinenden „Friday“- Soundtrack. E-Swift platziert zu jener Zeit Beats auf den Alben der New Yorker King Sun, Heltah Skeltah sowie O.G.C. und produziert drei Songs für Xzibits Debütalbum „At the Speed of Life“, das 1996 eben- falls bei Loud erscheint. J-Ro und Tash sind zudem auf dem Albumsong „Bird’s Eye View“ zu hören. Im Folgejahr erscheint das dritte Alkaholiks-Album „Likwidation“, das nicht die Qualität der Vorgänger erreicht, aber dennoch einige Highlights wie die Single „Hip Hop Drunkies“ mit Ol’ Dirty Bastard bietet.

Unterdessen wird Anfang 1999 die nächste Generation der Likwit Crew mit gefeierten Debütalben vorstellig: Lootpack veröffentlichen ihr Werk „Soundpieces: Da Antidote!“, worauf der Crew-Song „Likwit Fusion“ zu finden ist, und Defari bringt „Focused Daily“ heraus, das vier von E-Swift produzierte Songs beinhaltet, darunter den Posse- Track „Likwit Connection“ mit den Alka- holiks, Xzibit und Phil the Agony.

Nachdem er im Vorjahr mit Mos Def und Q-Tip auf Rawkus den Underground-Hit „Body Rock“ gelandet hat, veröffentlicht Tash Ende 1999 sein Soloalbum „Rap Life“, das trotz positiver Kritiken und namhafter Gäste wie Rae- kwon, OutKast und B-Real kommerziell enttäuscht.

2001 liefern die Alkaholiks mit „X.O. Experience“ ihr letztes Album für Loud ab. Für die Single „Best U Can“ werden The Neptunes verpflichtet, außerdem nennt sich das Trio nur noch Tha Liks. Während daher einige im Vorfeld vermuten, man wolle sich dem Mainstream anbiedern, zeigt das gute Album vielmehr eine zeitgemäße Weiterentwicklung des Likwit-Sounds. Der große Erfolg bleibt jedenfalls erneut aus, und in der Folgezeit wird es leiser um die Liks. Das 2006 über Koch Records veröffentlichte „Firewater“ ist das letzte Album der Gruppe und erfährt wie die anschließenden Solo-Releases von J-Ro und Tash wenig Beachtung.

Nach jahrelangen Unstimmigkeiten mit Xzibit überrascht dessen Comeback- Album „Napalm“ 2012 mit einer Lik- wit-Crew-Reunion: Der selbst ernannte „Dysfunctional Member of the Alkaholik Family“ versammelt nicht nur die Liks, sondern auch King Tee auf dem von Dr. Dre produzierten Track „Louis XIII“.

Auf dem großartigen Song „2014“ wagte J-Ro 1995 einen Blick in die Zukunft und prophezeite: „In 2014, Alkaholiks still rulin’.“ Nüchtern betrachtet sieht die Gegenwart so aus: Dope Folks Records veröffentlicht 2014 die sechs Songs des E.S.P.-Demos in limitierter Vinyl-Auflage, die Fans warten auf das Erscheinen der seit 2011 angekündigten „Liknuts“-EP mit den Beatnuts, und die Liks sind mit ihrem umfangreichen Katalog an Rap-Hits weiterhin regelmäßig auf Tour – aber Vorsicht: „‘Cause when you bring your ass to a Likwit show, you gonna get wet if you in the front row!“

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Razer

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