Album der Woche: Ufo361 & Sonus030 – „Nur für dich“

Beim Album der Woche bespricht jeweils ein Mitglied der BACKSPIN Gang das nach unserem Ermessen spannendste neue Rap-Album. Komplett subjektiv, Track by Track und bewertet auf einer Skala von 1-10. Diese Woche taucht unsere Autorin Diarra in das Gefühlschaos von Ufo361 ein, das er in seinem fünften Soloalbum „Nur für dich“ thematisiert.

Künstler: Ufo361 & Sonus030
Titel: Nur für dich
Features: Bausa, Data Luv, Sonus030
Produzenten: Sonus030
Releasedate: 02. Oktober 2020
Label: Stay High / Groove Attack

Diarras Erwartungshaltung: 

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich den Ufo-Film lange nicht verstanden habe. Dass er ein krasser Künstler mit großem Einfluss auf die Entwicklung Deutschraps ist, stand für mich außer Frage, nur persönlich hat mich seine Musik lange nicht abgeholt. Allerdings kam man ja nicht an Ufos Hits vorbei und so habe ich langsam aber stetig angefangen seine Musik zu fühlen. „Wave“ war das erste Album, das mich dann endgültig abgeholt hat – ich steh einfach auf Liebestracks und Herzschmerz. Das Album und insbesondere den Song „04:30“ hab ich tot gehört. Für mich also ein Jackpot, als Ufo noch vor Release seines letzten Albums „Rich Rich“ ankündigte, dass das darauffolgende Tape den “04:30 Vibe” wiederbringen würde. Meine Vorfreude auf „Nur für dich“ begann also schon recht früh und wurde von Singleauskopplung zu Singleauskopplung größer. Als dann die Tracklist und Features veröffentlicht wurden, stieg meine Erwartungshaltung auf ein Maximum an. Auf den „04:30 Remix“ und den gemeinsamen Track mit Bausa hab ich mich persönlich am meisten gefreut. 

1. Anders

Die Singleauskopplungen vor Albumrelease ließen mich für das ganze Album eine gedrückte Herzschmerz Stimmung annehmen. Dementsprechend überrascht war ich, als der erste Track dann doch eher einen positiven Vibe brachte. Schon nach dem ersten Hören, hatte ich den ganzen Tag einen Ohrwurm von dem Song und konnte gar nicht anders, als Ufos Liebesbekundungen laut mitzusingen. Als Intro vermittelt der Track eine Leichtigkeit, die den Blick durch die rosarote Brille zu Beginn einer Beziehung super widerspiegelt. Perfekte Platzierung also. 

2. Playlist

Seit „Playlist“ im August als zweite Singleauskopplung rauskam, läuft der Track bei mir auf Dauerschleife. Es scheint fast, als wäre Ufo ebenfalls in einer Art Dauerschleife gefangen. Das Mädchen, das im Intro noch so anders als alle anderen war und Ufos Durcheinander geordnet hat, sorgt jetzt täglich für Kopffick. Schon allein Ufos Einstieg nach einem relativ langen Instrumental-Intro fand ich mehr als gelungen. “Okay, fuck it, ich bin faded” klingt in meinen Ohren nach einer Art Geständnis. Als würde sich Ufo zum ersten Mal selbst eingestehen, dass er in einer Beziehung gefangen ist, die ihm nicht gut tut und in der sich toxische Verhaltensmuster ständig wiederholen. Eben ganz so als wäre er in einer bzw. ihrer Playlist gefangen. Ich mag diese Metapher. 

3. Sunset

„Sunset“ klingt danach, als hätten Ufo und sein Mädchen ihre Streitigkeiten beiseitelegen können. Im gemeinsamen Urlaub genießen sie die schönen Seiten des Lebens und den Luxus. Insgesamt finde ich den Song ganz angenehm. Der Beat und die Atmosphäre machen mir direkt gute Laune und erinnern mich an Beachbars und Loungemusik. Was mich aber extrem nervt ist die Zeile “Dass sie mit in die Suite kommt war so klar / Droppe ein paar Scheine, weil sie hat so gut gegeben / Ja, sie hat so gut gegeben, dass ich k.o. war”. Jungs, lasst euch eine Sache von mir sagen: Bezahlt eure Freundinnen niemals nach dem Sex. Egal wie gut der Sex war. NIEMALS! 

4. Zweifel

Bis jetzt finde ich, dass die Songs durch die gewählte Reihenfolge wie eine Geschichte klingen. Nachdem man sich bei „Sunset“ wieder angenähert hat, stellt Ufo sich nun die Frage, ob seine Partnerin es genau so ernst mit ihm meint, wie er. Er selbst scheint sich mittlerweile sicher zu sein, dass er nur sie will, egal was andere sagen. Jetzt will er von ihr wissen, ob sie noch Zweifel an der Beziehung hat, oder ob sie an ihn und eine gemeinsame Zukunft glaubt. Wobei es mich nicht wundern würde, wenn sie Zweifel hätte, nachdem er nach dem Sex ein paar Scheine gedroppt hat… 

5. Games

Anfangs war ich irgendwie überfordert mit der letzten Single vor Release. Dieser fröhliche Sound und die traurigen Lyrics standen für mich in einem Widerspruch, den ich nicht überwinden konnte. Im Kontext des gesamten Albums fand ich dann aber schnell Gefallen daran. Ein ewiges Hin und Her, Auf und Ab, On und Off… Die daraus resultierende Enttäuschung höre ich aus fast jeder Zeile und mag den Track deshalb mittlerweile, weil ich gut beschriebene Emotionen eigentlich immer feiere. “Warum diese Games? / Wieso kannst du nicht ehrlich sein? / Wieso fällt dir das so schwer, mit mir dein Herz zu teil’n? / Ja, ich hab‘ dir von mir jeden Schmerz gezeigt / Und es stellt sich raus, du hast es nicht mal ernst gemeint”. Gibt es eigentlich irgendjemanden, dessen Herz dabei nicht bricht? 

6. Shit

„Changed Shit“ kam im Juli als erste Single zu „Nur für dich“ raus und hat bei mir eingeschlagen wie eine Bombe. Ufo beschreibt, wie sich um ihn herum alles verändert. Nur die Gefühle für sein Mädchen bleiben gleich. Ich bewundere Ufo dafür, dass er so persönliche Musik macht und sich nicht in eine “Männer sind stark und weinen nicht”-Rolle zwingen lässt. „Shit Changed“ gehört definitiv zu meinen Favoriten auf dem Album. 

7. Was soll passieren (feat. Data Luv)

Weiter geht’s in der On-Off-Beziehung zwischen Ufo361 und Tiffany. Der nächste Liebes-Rückfall wird gemeinsam mit Data Luv besungen. Der scheint ja auch sehr viel Herzschmerz in sich herumzutragen. Auf Ufos Frage “Was soll passieren?” würde ich ihm am liebsten antworten: “Lass es sein, oder du wirst alle Phasen des Liebeskummers erneut durchlaufen müssen, wenn du dich jetzt wieder mit ihr triffst.” Aber abgesehen davon, mag ich den Track sehr gerne. Ufo361 und Data Luv passen einfach perfekt zusammen. 

8. Broken Hearts (feat. Bausa)

„Schlafen“ zusammen mit Ufo und Bausa von The Cratez gehört zu meinen absoluten Lieblingssongs. Daher habe ich mich über die erneute Zusammenarbeit sehr gefreut. Ich glaube es gibt da draußen keinen größeren Bausa Fan als mich – umso enttäuschter war ich dann von seinem Part. Meiner Meinung nach hat er so viel mehr drauf, als die Rolle des arroganten Frauenaufreißers, den die meisten in ihm sehen. Hier zeigt er aber einfach nur das Maximum an Überheblichkeit, das ein Mann einer Frau entgegenbringen kann. Aber auch Ufo überzeugt mich lyrisch absolut nicht: “Sie hat kein großes Herz, doch ein’n großen Arsch”. Ernsthaft? 

9. Fehler (feat. Sonus030)

„Fehler“ handelt von dem klassischen Move, Liebeskummer mit Alkohol zu betäuben. Nur, um sich dann doch wieder bei dem anderen zu melden, und das spätestens am nächsten Tag zu bereuen. Das kennt mit Sicherheit jeder. Sonus Part passt perfekt rein. Wie er manche Buchstaben verschluckt und sich fast anhört, als würde er lallen, macht den Track sehr authentisch. I like. 

10. Pain

Spätestens hier habe ich richtig mitgelitten. Wie Ufo sich die Schuld am Scheitern der Beziehung gibt und sich weiterhin mit Alkohol und Drogen zuballert, macht mich jedes Mal traurig, wenn ich den Track höre. “Rette mich vor mir selbst” ist eine Line, die im Kopf bleibt und als Outro für 42 Sekunden das Tuten eines unbeantworteten Anrufs einzuspielen, macht das Ganze für mich noch dramatischer. 

11. Session

Auch hier finde ich die Platzierung auf dem Album mehr als gelungen. Session könnte ohne Weiteres eine Fortsetzung der Gedanken in Pain sein. Vielleicht gibt er sich in Pain die Schuld am Aus der Beziehung, weil er – wie er hier beschreibt – pausenlos im Studio ist und kaum Zeit für die Beziehung aufbringen kann. Klingt nicht so realitätsfern, wenn man bedenkt, dass er bereits am Tag des Releases von „Nur für dich“ ein neues Album angekündigt hat und sich ständig im Studio zeigt. 

12. Sollte nicht sein

Am Ende des Albums kommt Ufo361 zu dem Schluss, dass es einfach nicht geklappt hat mit ihm und seinem Mädchen. Beide kommen aus verschiedenen Welten, weshalb sie “in seinem Schatten erfroren ist”. Leider also kein Happy End in der Liebesgeschichte, die wir in zwölf Tracks präsentiert bekommen haben. 

13. 04:30 – Remix (feat. Yung Hurn)

Ich feiere die Originalversion von „04:30“, ich feiere Yung Hurn und ich feiere Ufo361. Deshalb kann ich an diesem Track nichts aussetzen, außer vielleicht, dass Yung Hurn ruhig einen längeren Part übernehmen hätte können. Obwohl ich an sich nicht der größte Remix-Fan bin, finde ich, dass es sich hier um eine gelungene Neuauflage handelt, die sich sowohl soundtechnisch, als auch inhaltlich perfekt ins große Ganze einfügt. 

 

Fazit: 

Ufo hat mit „Nur für dich“ den Soundtrack für alle Menschen mit Liebeskummer geschaffen. In sehr persönlichen und ehrlichen Lyrics beschreibt er das ständige Auf und Ab seiner Beziehung. Faszinierend finde ich, wie gut die Reihenfolge der Titel den Verlauf der Beziehung beschreibt. Zu Beginn scheint es, als hätte er seine große Liebe gefunden. Alles läuft perfekt, doch dann geht die Achterbahn der Gefühle los. Zum Schluss muss er sich eingestehen, dass die Gefühle allein nicht ausreichen und die Beziehung gescheitert ist. Einen weiteren Pluspunkt bekommt Ufo von mir, weil mich das Album null gelangweilt hat. Obwohl es ausschließlich um seinen Liebeskummer geht, schafft er immer wieder neue Ebenen. Einen fetten Minuspunkt bekommt er aber für Broken Hearts, weil mich da der Inhalt einfach aufregt und meine persönliche Enttäuschung mit reinspielt. Ich gebe also 9 von 10 Punkten und hoffe, dass „Nur für dich“ auch für Ufo selbst eine Möglichkeit war, seinen Kummer zu verarbeiten. Die Ankündigung, dass das nächste Album eher in Richtung „808“ gehen wird, klingt in jedem Fall vielversprechend. 9/10