Das Thema treibt mich schon länger um. Immer wieder höre ich den einen oder anderen Rap-Fan lamentieren, die und die große Zeitung oder der und der große Sender hätte sich einen „schlimmen Beitrag“ über Hip-Hop oder einen seiner Repräsentanten geleistet oder einfach einen Rapper unangenehm anmoderiert. Die einen sind sauer, weil beispielsweise die Bild 2018 noch immer nicht die Gepflogenheiten des Battle-Rap verstanden hat. Andere hegen einen Groll, weil RTL oder ProSieben mal wieder nur oberflächlich berichtet und nicht genau genug hingesehen hätten. Oder weil in irgendwelchen Reportagen über soziale Brennpunkte dezent ein Hip-Hop-Beat im Hintergrund läuft. Oder weil nun auch Klaas Häufer-Umlauf einen Rap-Song gemacht hat, der eher unangenehm aufstößt.
Allein: Was soll daran so schlimm sein?
Was wäre denn, würde man in den Redaktionen der großen Medien sofort differenziert über Battle-Rap urteilen können? Was wäre, wenn jeder witzige TV-Mensch für seine Gags oder musikalischen Ergüsse auch von kritischen wie eingefleischten Hip-Hop-Leuten stets Props bekäme? Wäre die Mission dann erreicht und man könnte endlich seine Bewerbungen für eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann abschicken? Zumal: Man kann auch ohne die Anerkennung und das Verständnis von allen Seiten längst sehr weit kommen.
Nun kann man ein tiefer gehendes Verständnis beispielsweise der Bild für Battle-Rap mit einer Art endgültiger Etablierung, ja endgültigem Angekommen-Sein des hiesigen Hip-Hops gleichsetzen. Danach scheinen sich viele ja zu sehnen. Die Kultur hat schließlich schon einen langen Weg hinter sich. Sie hat große Erfolge gefeiert und viel, sehr viel Beachtung erfahren.
Wäre es da nicht allmählich mal an der Zeit, dass eine jede Redaktion mit differenziertem Hip-Hop-Expertentum glänzt?
Dass all die Redakteure und Journalisten dem immer noch so ahnungslosem Pöbel klarmachen, warum beispielsweise diese krassen Beleidigungen oder Vergleiche bitte, bitte nicht wörtlich zu nehmen sind? Warum all die Diffamierungen nicht so gemeint sind und man das alles doch bitte eher betrachten sollte wie einen Actionfilm? Da würde man die Schauspieler ja auch nicht mit ihren Rollen gleichsetzen und für Handlungen ihrer Figuren verurteilen … (allerdings hat Marlon Brando auch nie darauf bestanden, Vito Corleone zu sein Al Pacino Antonio Montana, aber das ist eine andere Geschichte…)
Ich sage: Pfeif drauf!
Scheiß drauf, was die Bild über Rap schreibt, was RTL über deutsche Rapper berichtet oder welche Redaktion auch immer die Szene mal wieder mit spitzen Fingern anfässt. Es spielt keine Rolle. Vielleicht würde es der Hip-Hop-Kultur ja sogar schaden, wenn sie überall immer nur auf Verständnis oder Respekt stoßen würde. Der Reiz, den diese immer noch oftmals unangepasste Kultur ausübt, würde jedenfalls nicht größer. Welcher kreative Querkopf – und von denen lebt diese Kultur mindestens ein Stück weit – würde sich von etwas so Gesellschaftskonformen dann noch angezogen fühlen?
Nun kann ein Blick in die USA durchaus neidisch machen, so etabliert erscheint Hip-Hop im Mutterland. So qualitativ hochwertig erscheinen einem die vielen Dokumentationen, Reportagen und anderen Veröffentlichungen. So respektiert ist dort die Hip-Hop-Kultur. Aber sollte man sich dasselbe für Deutschland wünschen?
Dafür fehlt es hier schlicht an kulturellem Unterbau. Vielleicht wird es eines Tages tatsächlich soweit sein. Aber bis dahin wird noch viel Zeit vergehen. Und diese Zeit sollte man nicht damit verschwenden, über Missverständnisse in der Außenwirkung oder über mangelnde Anerkennung von Hip-Hop durch Redaktionen oder Moderatoren zu jammern.
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