2013 kam das „Deutsche Demotape“, im Februar dieses Jahres die „Molokopf“-EP. Mit Hilfe dieser Vorboten machte sich Credibil zu einer sehr interessanten Person im hiesigen Rapgame und seinen ersten Langspieler „Renaessance“ zu einer der am meisten erwarteten Platten des Jahres. Auch die Unterstützung von Rap-Größen wie Azad oder Savas – der im Intro des Albums zu hören ist – lässt die Erwartungshaltung nicht gerade geringer werden. Bei Künstlern, die vielversprechende EPs oder Mixtapes rausgehauen und dann ihr erstes, richtiges Album auf den Markt bringen, habe ich immer bedenken, da sich das Format Album wenige – bis gar keine – Fehltritte erlauben kann. Auf einem Mixtape hingegen wird ein Schnitzer gerne mal verziehen und durch einen besonders starken Song ausgeglichen. „Renaessance“ ist ein Konzeptalbum. Das steht außer Frage. Es ist sogar extrem konzeptionell. Die Platte ist in drei Akte aufgeteilt, welche durch drei knapp 40-sekündige Skits in Form von Monologen voneinander getrennt, sowie abgeschlossen werden.
Im ersten Akt verarbeitet der junge Frankfurter seine Familiensituation. Besonders fällt in diesem Abschnitt der Song „Augenblick“ auf, welcher die Beziehung zu seinem Vater beleuchtet. Schon in dieser frühen Phase des Albums wird klar, dass Credibil mehr kann als tight zu rappen und coole Punchlines rauszufeuern. Auf „Augenblick“ malt Credibil derart große Bilder, wie man sie von einem so jungen Rapper nicht unbedingt erwarten würde.
Der zweite Abschnitt des Langspielers steht ganz im Zeichen seiner Heimat Frankfurt. Nach dem Credibil auf „Durchzug“ beschreibt, wie das Leben läuft in seiner Stadt, folgt der Song„Bang Bang“. Ein spitzenmäßig geschriebener Story-Teller mit einer Besonderheit: Die Story ist real. Credibil thematisiert die Geschichte von Christy Schwundeck, einer Frau, stammend aus Nigeria, die im Mai 2011 in einem Frankfurter Jobcenter erschossen wurde.
Der dritte Part trägt die Überschrift Hassliebe und beschäftigt sich mit genau diesen beiden Attributen. Lieben und hassen. Der letzte Akt plätschert leider ein wenig vor sich hin und stellt somit den schwächsten Abschnitt von Credibils Debüt dar. Auf dem letzten Song „Goldener Sch(l)uss“, welcher unabhängig von den drei Akten ist, spricht Credibil über die grundlegendsten aller Dinge. Das Leben und den Tod. Dies tut er aber nicht so, wie es bereits 815 Rapper vor ihm getan haben, sondern auf seine eigene Art und Weise – ohne abgedroschene Phrasen zu dreschen, eben ohne all die Sätze, die schon 100te Male gesagt wurden, und die niemand mehr hören muss. Credibil ist ein wahnsinnig guter Geschichtenerzähler und stellt dies auf der letzten Anspielstation des Langspielers noch mal eindrucksvoll unter Beweis. Zum Schluss des Songs ist dann noch mal Savas zu hören, der seine Lobpreisung fortsetzt und das Album zu einem runden Ende bringt.
Nach einigen Durchläufen ist „Renaessance“ schon ein enorm starkes Album, Es ist auf vielen Ebenen sehr präsent. Nehme man zum Beispiel die Persönlichkeit, die Credibil in seine Songs einfließen lässt oder auch der gesellschaftskritische Blick, am Beispiel des Tracks über Christy Schwundeck festzumachen. „Renaessance“ ist ein sehr nachdenkliches Album, keine leichte Kost – verpackt in ein Monster von Konzeptalbum, bei dem alles zusammenpasst, was auf so einem Album zusammenpassen kann. Daran kann man eventuell kritisieren, dass es zu viele Skits sind und man wohl nicht nach jedem Track ein Acapella bräuchte. Aber so war das Konzept, so passt es auch zusammen. Man sollte sich wohl eher darüber freuen, endlich mal wieder coole, ernstzunehmende Skits im deutschen Rap zu hören.
Alles in allem hat Credibil amtlich abgeliefert und ein bärenstarkes Debüt hingelegt. Von dem jungen Mann wird man noch einiges hören – hoffentlich!
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